Turbulente Handelswoche am Ölmarkt | Aktuelle Ölmarkt-News vom 23.04.2020

um 09:11 Uhr von Stefan Schmellekamp

Ölpreise - Entwicklungen am Ölmarkt

Die Corona-Pandemie sorgt am internationalen Ölmarkt für kuriose Zeiten. Besonders die aktuelle Handelswoche kann als außergewöhnlich turbulent oder historisch angesehen werden. So kam es schon zum Wochenstart auf dem US-Ölmarkt zu der kuriosen Situation, dass der Future-Kontrakt der US-Ölsorte WTI erstmals in seiner Geschichte ins Minus rutschte, was dazu führte, dass Käufer Geld dafür bekommen haben, wenn sie Öl abnahmen. Anderenfalls hätte den Börsenhändler, für die Erdöl ein reines Finanzprodukt ist, die tatsächliche Lieferung des Öls im Mai gedroht, was diese, aufgrund von fehlender Infrastruktur, unbedingt verhindern mussten.

Nachdem zum Wochenauftakt also der Kontraktwechsel von WTI für historische Marktverwerfungen gesorgt hatte, kamen die Turbulenzen wenig später auch beim Handel mit der Nordsee-Ölsorte BRENT an. Denn auch bei BRENT stand der Kontraktwechsel kurz bevor, was die EU-Ölsorte zeitweise unter 16 Dollar/Barrel und somit auf den tiefsten Stand seit 1999 hatte fallen lassen. Insgesamt besteht am Weltölmarkt das Problem, dass die globale Ölnachfrage in der Folge der Corona-Pandemie um rund 30 Prozent gesunken ist und dass die Kapazitäten der Öllager bald erschöpft sein werden. Dies führt dazu, dass selbst bei den aktuellen Rekord-Niedrigpreisen kein Öl gekauft wird, weil man es schlichtweg nicht mehr lagern kann.

Obwohl sich die Ölpreise auf den heutigen Donnerstag im zweistelligen Prozentbereich erholt haben und am Morgen bei 22,5 $/b (BRENT) bzw. 15,4 Dollar/Barrel (WTI) notierten, bleibt die Lage am Ölmarkt dramatisch. Die Prognosen für die Ölnachfrage in den kommenden Wochen fallen bei allen wichtigen Institutionen drastisch aus. Das Ölkartell OPEC rechnet mit der schwächsten Nachfrage nach OPEC-Rohöl seit etwa 30 Jahren und auch die Internationale Energieagentur (IEA) geht davon aus, dass der weltweite Ölverbrauch aktuell so niedrig ist wie seit 1995 nicht mehr. Gleichzeitig sind die globalen Öllager jetzt schon bis zum Überlaufen gefüllt.

Entwicklung Ölpreise, Rohölpreise, Ölnotierungen

 

Gestern gab dann auch das US-Energieministerium bekannt, dass die amerikanischen Öllagerbestände in der vergangenen Woche um weitere 23,9 Mio. Barrel, auf nunmehr rund 919 Mio. Barrel angestiegen sind. Dabei entfiel auf die Rohöllager ein Anstieg von 15 Mio. Barrel und die Lagerbestände der Ölprodukte legten um 8,9 Mio. Barrel zu. In den zurückliegenden vier Wochen sind die US-Öllager somit um knapp 100 Mio. Barrel angestiegen und stehen aktuell kurz vor ihrem Rekordhoch von rund 950 Mio. Barrel. Aktuell werden daher auch schon große Öltanker genutzt um das vorhandene Öl auf den Weltmeeren zwischenzulagern.

Ein wenig Preisauftrieb kam gestern durch die Drohung von US-Präsident Trump, dass die US-Marine iranische Schiffe zerstören werde, falls diese sich amerikanischen Schiffen in den Weg stellen sollten. Zuvor war es zu einem Zwischenfall auf offener See gekommen. Am Ölmarkt stiegen daraufhin die Risikoprämien, doch in der aktuellen Situation sind solche Aussagen für den überversorgten Ölmarkt kaum von Bedeutung.

Wichtiger war da für Börsenhändler, genauso wie für uns alle, die Nachricht, dass man im Kampf gegen das Coronavirus einen weiteren Schritt gemacht hat. Denn das Mainzer Biotech-Unternehmen Biontech, das gemeinsam mit dem US-Pharmakonzern Pfizer an einem Corona-Impfstoff arbeitet, erhielt als erstes Unternehmen in Deutschland die Zulassung für eine klinische Studie. Diese Nachricht sorgte für steigende Aktienmärkte und zog auch die Ölpreise mit nach oben.

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