Ölpreise weiter volatil – Zinsangst, Ukraine-Krise und Iran-Sanktionen belasten | Aktuelle Ölmarkt-News vom 11.02.2022

um 11:10 Uhr von Akif Sahin

Ölpreise - Entwicklungen am Ölmarkt

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Zum Ende der Woche haben die Ölpreise zunächst nachgegeben, um dann doch wieder ins Plus zu drehen. Insgesamt geht eine bewegte Woche zu Ende, die aber auch weiterhin volatile Ölpreise zur Folge haben dürfte. Das liegt an gegenteiligen Entwicklungen und viel Unsicherheit. Das Preisniveau bleibt insgesamt weiterhin hoch und auf dem Niveau der Mehr-Jahres-Hochs von 2014. Auf dem Ölmarkt bestimmen aktuell drei Themen hauptsächlich die Preisgestaltung: die Zinsangst in den USA, die sehr heikle Lage in der Ukraine-Krise und die mögliche Aufhebung von Sanktionen gegenüber dem Iran. Aktuell notiert ein Fass der leichten US-Sorte West Texas Intermediate (WTI) bei 90,26 $ und Brent kostet 91,72 $ je Fass.

Die Inflation in den USA ist mit 7,5 % im Vormonat auf den höchsten Wert seit 40 Jahren geklettert. Die vom US-Arbeitsministerium geteilten Daten haben für einen Absturz an den Finanzbörsen gesorgt. Hintergrund ist, dass mit einer solch hohen Inflation nicht im Vorfeld gerechnet wurde. Jetzt werden Zinserhöhungen und dazu noch deutlich stärkere Erhöhungen wahrscheinlicher. Entsprechend haben die Zahlen die Ölpreise belastet, weil Öl als risikoreiche Anlage gilt und eine höhere Zinserhöhung in diesem Jahr für weitere Belastungen sorgen dürfte.

In der Ukraine-Krise bleiben die Fronten verhärtet. So hat ein Treffen zwischen Vertretern der Ukraine, Frankreich, Deutschland und Russland gestern spätabends keine Ergebnisse gebracht. Die USA haben mittlerweile ihre Bürger dazu aufgerufen die Ukraine zu verlassen. Ein Indiz dafür, dass die Vereinigten Staaten davon ausgehen, dass es bald zu einer Invasion in der Ukraine durch Russland kommen könnte. In der kommenden Woche will Bundeskanzler Olaf Scholz sowohl die Ukraine als auch Russland besuchen. Zuvor war bereits Außenministerin Baerbock in der Krisenregion. Eine weitere Eskalation der Lage könnte dazu führen, dass die Öl- und Gaspreise deutlich anziehen. Bereits jetzt gibt es Risikoaufschläge auf die Ölpreise.

Im Konflikt um das Atomprogramm des Iran zeichnet langsam eine Einigung und Rückkehr zum Atomvertrag von 2015 ab. Der Iran könnte sich erneut dazu verpflichten, auf Anreicherungen und Kauf von Uran zu verzichten, die USA würden dafür im Gegenzug Sanktionen aufheben. Unter den aufzuhebenden Sanktionen wäre auch ein Öl-Embargo. In den kommenden Wochen könnte bereits eine endgültige Einigung stehen. Dann wäre der Weg frei für iranischen Öl auf den Weltmarkt. Die Verhandlungen in Wien scheinen positiv verlaufen zu sein, weshalb bereits jetzt Anleger davon ausgehen, dass das Angebotsdefizit mit iranischem Öl auf dem Markt weiter gesenkt werden kann.

Prognosen und Aussichten beim Ölpreis

Die Daten aus den US-Öllagern sind in dieser Woche sehr positiv ausgefallen und kamen durchaus unerwartet. Die Rohölbestände sanken um mehr als 4,7 Mio. Barrel, die Mitteldestillate um mehr als 0,9 Mio. Barrel und die Benzin-Reserven um mehr als 1,6 Mio. Barrel. Die Rohölbestände in den USA befinden sich damit auf dem niedrigsten Stand seit Oktober 2018. Zuletzt hatte man mit Aufbauten beim Benzin und nur leichten Abbauten bei Rohöl gerechnet. Hintergrund ist, dass in der vergangenen Woche „arktische Temperaturen“ in Texas die Produktion und Ölförderung eingeschränkt haben müssten. Davon war jetzt jedoch nichts zu spüren. Auf dem Ölmarkt wurde dies mit einer robusten Nachfrage aus den USA und einer guten Konjunktur erklärt.

Mit den jüngsten Informationen aus den USA zum aktuellen Geschehen bei der Inflation gerät auch die EZB wieder stärker in den Fokus. Die Null-Zins-Politik der EZB kann aus Sicht vieler Analysten nicht mehr lange bestehen. Anzeichen dafür gibt es jetzt auch aus Deutschland. Chef-Ökonom und neuer Bundesbank-Chef Joachim Nagel hat sich in dieser Woche für eine schärfere und Geldpolitik der EZB ausgesprochen und höhere Zinsen gefordert, da die Inflation uns vermutlich auch weiterhin erhalten bleibe. Für Nagel sei der März entscheidend, um eine Kurskorrektur vorzunehmen. EZB-Chefin Christine Lagarde betonte jedoch heute erneut, dass die EZB zunächst die Inflationsdaten abwarten wolle und weiterhin gegen eine schnelle Anhebung der Zinsen sei. Lagarde betonte, sie fürchte ein überstürztes Vorgehen, könnte die wirtschaftliche Entwicklung dämpfen und die Konjunkturerholung abwürgen.

Mehrere OPEC-Länder wollen anscheinend ihre Förderquoten erhöhen und die Vorgaben erfüllen. Das geht aus mehreren Meldungen hervor. Hintergrund ist, dass die OPEC+ zwar in den vergangenen Monaten regelmäßig die Fördermengen erhöht hat, aber einzelne Länder ihre Quoten gar nicht erfüllt haben bzw. erfüllen konnten. Dadurch ist das Defizit auf der Angebotsseite bei steigender Nachfrage weiter gestiegen. Nun wollen einige Staaten, darunter auch Saudi-Arabien, gegensteuern. Saudi-Arabien will anscheinend dabei auch mehr fördern, wenn auch nicht allzu viel. Der Nachfrage-Ausblick bleibt auch laut Analysen der OPEC weiterhin positiv.

Für Verbraucher sind die aktuell sehr hohen Ölpreise weiterhin Gift. Die Heizölpreise haben zwar etwas nachgegeben, notieren aber auf sehr hohem Preisniveau. Die Spritpreise und Benzinpreise haben nach dem Allzeithoch in der vergangenen Woche wieder etwas nachgegeben. Auf lange Sicht betrachtet, sind die aktuellen Preise weiterhin sehr hoch und dürften weiter steigen. Dies steigert auch die Inflation im gesamten Euroraum. Für den Januar wurde ein Rekordwert von 5,1 % für den Euroraum angegeben.

Zum Schluss noch der Blick auf den US-Dollar. Der €uro notiert aktuell bei 1,1393 USD. Öl wird traditionell in US-Dollar gehandelt. Ein schwacher Dollar-Kurs verbilligt den Import von Rohöl und erhöht die Nachfrage. Ein starker Dollar-Kurs verteuert den Import von Rohöl und senkt die Nachfrage. Der Dollar ist aktuell etwas stärker geworden, weil die Zinserhöhungen immer näher rücken und vermutlich stärker ausfallen werden. Die Nachfrage nach Rohöl wird dadurch belastet.

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