Ölpreise unterliegen deutlichen Preisschwankungen | Aktuelle Ölmarkt-News vom 15.12.2020

um 12:09 Uhr von Benjamin Stelse

Ölpreise - Entwicklungen am Ölmarkt

Mit dem Blick auf unseren Preis-Chart wird deutlich, dass die Rohölpreise in den letzten Wochen starken Schwankungen unterlagen, zuletzt tendenziell jedoch wieder nach oben kletterten. Der beschriebene Aufwärtstrend wurde am Ölmarkt auch mit dem Erreichen der für viele Marktteilnehmer so wichtigen 50-Dollar-Marke bestätigt, die in den letzten Monaten zwar mehrmals „in den Angriff“ genommen wurde, jedoch Ende letzter Woche Freitag erstmals seit dem Corona-Crash im Frühjahr erreicht werden konnte. Doch die Haltbarkeit der Marke wird durch die Preisrückgänge heute Morgen erstmals geprüft. Auch wenn der Preis der europäischen Rohölsorte zwischenzeitlich auf 49.9 Dollar/Barrel gesunken ist, wurde die Marke kurz darauf „zurückerobert“.

Zum Start in den Handelstag haben die Preise beider Rohölsorten den zweiten Tag in Folge nachgegeben. Während die US-Sorte West Texas Intermediate (WTI) am Morgen bei 46,7 $/b notierte und damit um 0,3 Dollar/Barrel sank, gab der Preis für ein Fass der für Europa relevanten Rohöl-Sorte Brent nur unwesentlich deutlicher um 0,4 Dollar/Barrel auf 49,9 Dollar/Barrel nach. Auch wenn die frühmorgendlichen Verluste noch nicht vollumfänglich ausgeglichen werden konnten, kletterte der Brent-Preis im Vormittagshandel wieder über die 50-Dollar-Marke. Anhand der jüngsten Preisschwankungen wird recht deutlich, dass der Markt gerade keine eindeutige Richtung eingeschlagen hat und nach einer neuen Orientierung sucht.

Die Entwicklung der Rohölpreise wurde zuletzt von diversen marktrelevante Meldungen mit unterschiedlich starken Effekten beeinflusst. In den Vorwochen konnten die Notierungen noch kräftig zulegen und wurden im Wesentlichen von den Forschungserfolgen im Impfstoffbereich genährt, die auf eine zeitnahe Eindämmung der Corona-Pandemie hoffen lassen. Während der Zulassungsprozess in Großbritannien letzte Woche nach nur einem Tag abgeschlossen wurde und die Impfungen dementsprechend bereits begonnen haben, konnten die Impfungen nun auch in den Vereinigten Staaten durch eine „Notzulassung“ startet. In der EU ist der Zulassungsprozess bis heute nicht abgeschlossen, sodass der ursprünglich anvisierte Termin von heute nicht gehalten werden konnte.

Die Notwendigkeit und die damit verbundene Kritik am zeitaufwendigen Zulassungsprozess der EU-Prüfbehörde wird an den jüngsten Entwicklungen innerhalb vieler europäischer Industriestaaten deutlich. Eines der „Sorgenkinder“ bleibt Deutschland. In Deutschland hat sich in den zurückliegenden sechs Wochen trotz eines „Wellenbrecher-Lockdowns“ bzw. „Lockdown light“  keine Besserung der Corona-Lage gezeigt. Am Sonntag haben sich die Ministerpräsidenten auf eine erneute Verschärfung der Maßnahmen geeinigt, sodass mindestens bis zum 10. Januar verschärfte Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie gelten. Kritik wurde seitens der Wirtschaftsseite bereits Anfang November „laut“, da bereits zum damaligen Zeitpunkt befürchtet wurde, dass die Maßnahmen nicht ausreichend seien.

Prognosen und Aussichten beim Ölpreis

Entwicklung Ölpreise, Rohölpreise, Ölnotierungen



Angesichts der Verschärfung der Corona-Maßnahmen wurde der vorherige Optimismus in Bezug auf die Impfstoffzulassung merklich gedämpft. Wirtschafts-vertreter können die Notwendigkeit der Verschärfung aufgrund der jüngsten Corona-Entwicklung nachvollziehen, jedoch kam zuletzt Kritik bzgl. der Laufzeit auf. Die Kombination aus „Lockdown light“ zwischen Anfang November und Mitte Dezember, sowie dem mindestens bis Mitte Januar geltenden harten Lockdown dämpfen neben den wirtschaftlichen Aussichten auch die Erwartung der Rohöl-Nachfrage. Der erwartete Nachfragerückgang hat die Organisation erdölexportierender Länder (Opec) dazu veranlasst die Prognose für die globale Rohöl-Nachfrage im ersten Quartal des kommenden Jahres mit einer Mio. Barrel pro Tag deutlich nach unten zu korrigieren.

Neben marktrelevanten Meldungen wurde der Rohölpreis heute Morgen auch von einem geopolitischen Ereignis beeinflusst. Vor dem Start in den Handel sind die Preise kurzfristig deutlich angestiegen, nachdem bekannt wurde, dass es zu einer Explosion in Saudi-Arabien gekommen ist. Berichten zufolge hat ein mit Sprengstoff beladenes Boot einen Öltanker im Hafen von Dschiddah angegriffen. Bei dem Attentat sei es zu einer Explosion und einem Brand gekommen, der jedoch schnell unter Kontrolle gebracht wurde. Ein Sprecher des saudischen Energieministeriums hat den Anschlag als "kriminellen Terrorakt" bezeichnet, der die Weltwirtschaft, die Umwelt und auch den Ölhandel bedrohen würde.

Anders als in den letzten Wochen, als die klaren Vorgaben der Finanzmärkte eine kurzfristige Prognose der weiteren Rohölpreise vergleichsweise leicht-machten, möchten wir uns mit einer aktuellen Prognose vorerst weiter zurückhalten. Sowohl die Aussicht auf einen wirksamen Corona-Impfstoff, als auch die weiterhin zurückhaltende Förderpolitik des Ölverbundes Opec+ weckt zwar die Hoffnung auf eine weitere Stilisierung des Rohölmarktes, jedoch darf der wichtigen Faktoren Zeit in Bezug auf die Corona-Pandemie dennoch nicht außer Acht gelassen werden. In den nächsten Wochen ist es daher aus unserer Sicht nicht ausgeschlossen, dass die jüngste Erholung der Rohölpreise nochmals „ins Stocken“ gerät.

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