Ölpreise unter großem Druck – Rezessionsangst und Zinssorgen | Aktuelle Ölmarkt-News vom 15.07.2022

um 09:52 Uhr von tanke-günstig Redaktion

Ölpreise - Entwicklungen am Ölmarkt

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Die Ölpreise stehen in dieser Woche deutlich unter Druck. Zwischenzeitlich rutschten Brent und WTI auf den niedrigsten Stand seit Februar 2022. Zum Wochenende gibt es eine leichte Stabilisierung, aber die Vorzeichen stehen eher auf weitere Belastungen. Dies zeigt sich auch an Konjunktur-Daten aus China und den Entwicklungen an den internationalen Finanzmärkten. Hinzu kommen Verschiebungen auf dem globalen Ölmarkt, die eher tendenziell für günstigere Ölpreise sprechen.  Auf dem Ölmarkt dominiert weiterhin die Sorge vor einer globalen Rezession. Neben Sorgen vor höheren Zinsen bei gleichzeitig steigender Inflation nimmt auch die Sorge zu, dass die Nachfrage nach Rohöl und Rohöl-Produkten abnehmen könnte. Im Vergleich zur Vorwoche haben die Ölpreise noch einmal deutlich nachgegeben. Ein Fass der leichten US-Sorte WTI notiert aktuell bei 96,01 $. Brent kostet 99,70 $ je Fass.

Fast alles ist in dieser Woche an den Finanzmärkten gesunken. Dies lastet auch stark an den Ölpreisen, da Rohöl als risikoreiche Anlage gilt. Entsprechend flüchten sich Anleger immer mehr in vermeintlich sicherere Anlagen und drücken damit auch die Ölpreise weiter. Die Hinweise auf eine globale Rezession bleiben intakt und werden durch neue Daten aus China gestützt. Die Wirtschaft in China ist eingebrochen. Das Wirtschaftswachstum ist im zweiten Quartal auf 0,4 Prozent gesunken und damit auf den niedrigsten Stand seit zwei Jahren geschrumpft. Die chinesische Statistikbehörde macht dafür die Auswirkungen der Corona-Pandemie verantwortlich. Auch die Immobilienkrise in China trägt mit zu den Problemen bei.

Inflationsdaten aus den USA haben Sorgen vor einer deutlich höheren Zinserhöhung zum Ende des Monats beigetragen. Die Inflation wurde für Juni mit 9,1 % angegeben. Das ist der höchste Wert seit über 40 Jahren. Hatten Analysten und Experten bisher mit einer Anhebung des Zinssatzes um 75 Basispunkte gerechnet, dürfte die US-Notenbank nun deutlich aggressiver vorgehen und die bereits erhöhten Zinsen um einen ganzen Prozentpunkt steigern. Auch im Euroraum hat sich die Inflation weiter erhöht, auf 8,6 %. Die Europäische Zentralbank will Ende Juli erstmals seit über 11 Jahren den Leitzins weiter anheben. Die Erhöhung der Zinsen dürften global zu einem Abflachen der Konjunktur beitragen. Zugleich begegnen die Zentralbanken der Herausforderung der Inflation.

Prognosen und Aussichten beim Ölpreis

Dies wird deutlich, wenn man sich die Prognose-Erwartungen der EU anschaut. Die EU-Kommission senkte ihre Prognose für das BIP-Wachstum in der EU für 2023 auf 1,5 % von zuvor 2,3 %. Es ist ein Eingeständnis, dass die Sorgen immer mehr werden. Besonders die unklare Lage bei der Gasversorgung dürfte die Wirtschaft im Euroraum deutlich beeinträchtigen. Das hat auch deutliche Effekte auf die Rohöl-Nachfrage. Die Internationale Energie-Agentur senkte bereits ihre Wachstumsprognose für die Ölnachfrage in diesem Jahr. Auch für das kommende Jahr geht die IEA von deutlich weniger Nachfrage aus. Erneut kommt die Frage auf, ob es in diesem Halbjahr zu einer Überversorgung auf dem Markt kommen könnte.

Russland hat für sein günstigeres Rohöl neuere Abnehmer im gesamten asiatischen Raum gefunden. Die Versorgung mit russischem Rohöl in China, Indien und auch im Nahen Osten sorgen für Entspannung bei der Preisgestaltung. Während im Westen nach weiteren Alternativen gesucht wird, ist Asien deutlich besser versorgt. Russland profitiert sogar teilweise sehr stark von der Umorientierung, da es damit auch neue Märkte erschließt, die bisher wenig im Fokus standen.

Für schlechte Nachrichten sorgt eigentlich nur Libyen. Hier gibt es erneut Schwierigkeiten bei der Förderung von Rohöl, welche aus Machtkämpfen resultieren. Es ist unklar, ob Libyen angesichts der aktuellen Situation überhaupt seine angestrebten Förderquoten erfüllen kann und ob notwendige Investitionen für den weiteren Betrieb getätigt werden können. Der andauernde Bürgerkrieg könnte den Ölexport auf Eis legen, da es jetzt um die direkte Führung bei der NOC in Libyen geht. Zugleich erhöhte US-Präsident Joe Biden den Druck auf den Iran. Man werde „nicht ewig warten“ bis der Iran zum Atomabkommen zurückkehre.

Deutliche negative Vorgaben gab es auch durch die Meldung der US-Energiebehörde DOE. Die Bestände haben im Vergleich zur Vorwoche deutliche Aufbauten verzeichnet. Die Rohölbestände stiegen um 3,3 Mio. Barrel. Bei Mitteldestillaten (+ 2,7 Mio.) und Benzin (+ 5,8 Mio.) waren die Bestandserhöhungen ebenfalls sehr stark. Das sind keine guten Vorzeichen für die weitere Entwicklung. Insgesamt haben die USA weiterhin einen Teil ihrer strategischen Reserven freigegeben, können aber mit solchen Aufbauten kaum etwas an den fundamentalen Daten ändern.

Für Verbraucher bleiben die aktuell sehr hohen Ölpreise weiterhin Gift. Die Heizölpreise sind auf hohem Preis-Niveau. Die Spritpreise und Benzinpreise bleiben trotz des Tankrabatts weiterhin sehr hoch. Die hohen Preise für Diesel, Benzin und Heizöl haben mit dazu beitragen, dass die Inflationsrate in Deutschland auf 7,6 Prozent im Juni gestiegen ist. Auch die Lebensmittelpreise sind zuletzt deutlich angestiegen. Unabhängig davon zeichnet sich aber auch ab, dass neben Lebensmittel und Energie auch alles andere deutlich teurer geworden ist.

Zum Schluss noch der Blick auf den US-Dollar. Der €uro notiert aktuell bei 1,0028 USD. In dieser Woche war der €uro erstmals seit 20 Jahren sogar kurzzeitig günstiger als der US-Dollar. Öl wird traditionell in US-Dollar gehandelt. Ein schwacher Dollar-Kurs verbilligt den Import von Rohöl und erhöht die Nachfrage. Ein starker Dollar-Kurs verteuert den Import von Rohöl und senkt die Nachfrage. Der Dollar ist aktuell sehr stark. Die Nachfrage nach Rohöl leidet darunter ebenfalls sehr stark.

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