Ölpreise stoppen Aufwärtstrend | Aktuelle Ölmarkt-News vom 12.02.2021

um 10:49 Uhr von Benjamin Stelse

Ölpreise - Entwicklungen am Ölmarkt

Nachdem die Entwicklung der Rohölpreise im Monat Januar noch von einem nahezu ununterbrochenen Seitwärts-Trend mit Preisschwankungen innerhalb eines äußerst schmalen Preiskanals von weniger als vier Dollar je Barrel geprägt wurde, kam es pünktlich zum Start in den neuen Monat zu einem Übergang in einen Aufwärtstrend. Der Aufwärtstrend konnte dann mehr als eine Woche anhalten, bevor die Notierungen Mitte dieser Woche eine Verschnaufpause einlegten. Anders als von vielen Marktteilnehmern erwartet, die auch zur Wochenmitte von zumindest gleich-bleibenden Rohölpreisen ausgegangen sind, kam es am gestrigen Donnerstag im Laufe des Handelstages zu einem unerwarteten Richtungswechsel mit deutlichen Preisrückgängen.

Und auch am heutigen Freitagmorgen wird die gestern eingeleitete Abwärtsbewegung weiter, und sogar noch deutlicher fortgesetzt. Zum Start in den Handelstag sank der Preise der für Europa relevanten Rohölsorte Brent um rund einen halben Dollar je Barrel auf 60,7 Dollar. Ein Barrel (159 Liter) der US-Sorte West Texas Intermediate (WT) kostet am Morgen 57,8 Dollar und gab somit in einem ähnlichen Ausmaß nach, wie der Preis der Nordsee-Sorte. Die aktuellen Preisrückgänge haben zur Folge, dass die Kurse beider Sorten den erst zur Mitte dieser Woche erreichten Langzeit-Höchststand bereits kurz nach dem Erreichen wieder abgaben. Trotz des Minus von heute Morgen bleibt das 12-Monats-Hoch von Mittwoch weiterhin in unmittelbarer Sichtweite.

Das zur Wochenmitte erreichte Langzeithoch war das Resultat von gleich mehreren preistreibenden Faktoren, die die Notierungen seit Anfang Februar deutlich haben steigen lassen. Profitieren konnten die Rohölpreise vor allem von der Aussicht auf eine baldige Steigerung der Rohölnachfrage in Kombination mit aktuell weiterhin überschaubaren Angebotsmengen auf dem Weltmarkt. Die Hoffnung auf eine erhöhte Nachfrage resultiert vor allem aus der jüngsten Entwicklung der weltweit immer fortgeschrittenen Impf-Aktivitäten im Kampf gegen die weitere Ausbreitung der Corona-Pandemie. Auch wenn weltweit Fortschritte zu sehen sind, so bleiben die großen Ungewissen in Form von unberechenbaren Mutationen, deren kurz- bis mittelfristige Auswirkungen aktuell noch kaum einzuschätzen sind.

Prognosen und Aussichten beim Ölpreis

Doch die zuletzt rückläufigen Neuinfektionen sind nicht ausschließlich das Ergebnis der fortschreitenden Impfungen. Die sinkenden Werte sind auch das Resultat von diversen Lockdowns, die die Ausbreitung des Virus nachweislich verlangsamt haben. Die Kosten für die massiven Maßnahmen sind neben den Bürgerinnen und Bürgern in erster Linie von den nationalen Wirtschaften zu tragen. Jeder Tag im Lockdown kostet die Wirtschaft Milliarden, jedoch soll mit nahezu aller Macht verhindert werden, dass sich das Virus weiterverbreitet. Die Furcht vor einer ansteckenderen Variante des Virus, wie der Mutation aus Großbritannien, verhindert aktuell in einigen Ländern Lockdown-Lockerungen, obwohl die Zahl der Neuinfektionen diese durchaus zulassen würden.

Die jüngste Stabilisierung des Ölmarktes ist jedoch nicht nur auf den vergleichsweise zuversichtlichen Ausblick auf die Entwicklung der Nachfrageseite zurückzuführen, sondern auch aus der Angebots-perspektive zu betrachten. Durch die Verlängerung der aktuellen Fördermengenbeschränkungen seitens des Ölverbundes Opec+ kann vorerst ein Überangebot am Ölmarkt verhindert werden, obwohl die Aussicht auf schnelle Gewinne eine Produktionserhöhung rechtfertigen würden. Doch genau diese Aussicht könnte bereits zeitnah dazu führen, dass die im letzten Jahr massiv zurückgefahrene „Fracking“-Aktivitäten in den USA wieder deutlich ansteigen. Die Mehrmengen aus den USA könnten wiederum zu einer deutlichen Abwärtskorrektur des aktuellen Preisniveaus führen.

Wie schon am Anfang der Woche beschrieben und erwartet, war die Erholungstour der Notierungen nur auf den ersten Blick als sicher und nachhaltig einzustufen. Angesichts eines drohenden Stimmungs-umschwungs an den internationalen Finanzmärkten und auch durch die kürzlich bekanntgewordenen Abwärtskorrektur der Nachfrageprognose durch die Internationale Energieagentur (IEA) für das aktuelle Jahr wird deutlich, dass die zuletzt kräftig gestiegenen Rohölpreise ihren vorübergehenden Zenit jüngst erreicht haben könnten. Die Furcht vor einer Ölschwemme durch fehlende Nachfrage und/oder einem deutlich zunehmenden Angebot gestaltet eine kurzfristige Prognose über die weitere Preisentwicklung als schwierig, sodass wir uns aktuell bewusst zurückhalten.

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