Ölpreise steigen zum Wochenbeginn deutlich | Aktuelle Ölmarkt-News vom 26.05.2020

um 11:00 Uhr von Benjamin Stelse

Ölpreise - Entwicklungen am Ölmarkt

Die Entwicklung der Rohölpreisen war im aktuellen Jahresverlauf bereits mehrfach von teils massiven Preisschwankungen innerhalb kürzester Zeit geprägt. Bei der Betrachtung unseres Preis-Charts fällt jedoch auf, dass die Anzahl von kräftigen Preisrückgängen überwiegt. Mehrere Erholungsversuche scheiterten bereits nach kurzer Zeit und die Rohölpreise gaben nicht nur um die vorherige Preissteigerung nach, sondern rutschten auf immer neue Tiefstwerte, die von Marktteilnehmern als „historisch“ bezeichnet wurden.

Mit dem Blick auf den Preis-Chart fällt zwangsläufig auch der Kurvenverlauf des heimischen Heizölpreises „ins Auge“. Aufgrund der Koppelung des Heizölpreises an den Rohölmarkt, nahm die Entwicklung des Heizölmarktes einen ähnlichen Verlauf. Anfang Mai erfolgte dann jedoch eine ungewöhnliche Abkoppelung des Heizölpreises. Ungewöhnlich ist hierbei jedoch nicht die Tatsache der entgegengesetzten Entwicklung an sich, sondern der verhältnismäßig lange Zeitraum von fast zwei Wochen.

Die Erholungstour der Notierungen hält bis heute an, jedoch fällt auf, dass die Rohölpreise in der vergangenen Woche eine Art „Verschnaufpause“ einlegten. Während die Preise in den Wochen zuvor mit Steigerungsraten im zweistelligen Prozentbereich glänzten, bewegten sich die Rohölpreise letzte Woche innerhalb eines nur äußerst schmalen Preiskanals von weniger als 1,5 Dollar/Barrel auf und ab. Die Ursache ist in der fehlenden Durchschlagskraft der preis- treibenden Meldungen zu finden. Doch bereits zu Beginn der aktuellen Woche sind die Vorgaben des Marktes wieder eindeutiger.

Auch wenn die Anzahl von preistreibenden Meldungen aufgrund des „Memorial Day“ zum Wochenstart fast gegen null tendierte, war eine deutliche Aufwärts- bewegung ersichtlich, die auch am heute fortgeführt wird. So stieg der Preis der Sorte BRENT im Vergleich zu Montag um 0,7 Dollar/Barrel (159 Liter) auf 36,3 $/b. Bei der US-Sorte West Texas Intermediate (WTI) fiel die Preissteigerung mit 1,1 Dollar/Barrel sogar noch deutlicher aus, sodass der Preis am Dienstagmorgen bei 34,3 $/b notiert. Die kurzfristige „Verschnaufpause“ der letzten Woche ist somit beendet und die Rohölpreise sind zurück in der Aufwärtsbewegung.

Die Rückkehr in den Aufwärtstrend ist auf die Kombination aus einer zuletzt gestiegenen Rohölnachfrage und einer geringeren Angebotsmenge auf dem internationalen Ölmarkt zurückzuführen. Seit Anfang des aktuellen Monats wird eine Fördermengenkürzung seitens großer Förderländern wie Russland und Saudi-Arabien umgesetzt, um eine erneute „Überschwemmung“ des Ölmarktes mit billigem Öl zu verhindern. Der Grund für die Nachfragesteigerung ist in den aktuellen Lockerungen nach dem „Corona-Lockdown“ zu finden.

Entwicklung Ölpreise, Rohölpreise, Ölnotierungen



Neben der zuvor genannten Kombination aus preisstabilisierenden Effekten, hellte sich auch die Stimmung an den internationalen Finanzmärkten deutlich auf. In der Regel führt eine verbesserte Stimmung dazu, dass Anleger in riskantere Anlageformen investieren, zu denen auch Rohstoffe wie Öl gehören. Die Erfahrung der letzten Wochen und Monate haben jedoch recht deutlich gezeigt, dass die Stimmung ebenso schnell wieder „kippen“ kann und die Rohölpreise dementsprechend die andere Richtung einschlagen. Und das Risiko einer kurzfristigen Stimmungsänderung ist aufgrund einer bestimmten Entwicklung aktuell alles andere als unwahrscheinlich.

Denn sowohl an den internationalen Finanzmärkten, als auch am Ölmarkt wird der „Aufwärtsdrang“ aufgrund des zuletzt deutlich angespannteren Verhältnisses zwischen den beiden Wirtschaftsmächten China und den USA gebremst. Nachdem sich die beiden größten Volkswirtschaften Ende letzten Jahres nach einem monatelangen Disput auf ein Teilabkommen im Handelsstreit einigen konnten, folgte jüngst eine politische Spannung zwischen den beiden Ländern. Neben der Schuldzuweisung bzgl. des Ausbruchs der Corona-Pandemie, hat auch das aktuelle Bestreben Chinas, die Kontrolle über die Sonderver- waltungszone Hongkong auszuweiten, das Verhältnis strapaziert.

Während in den letzten vier Wochen die Vorgaben des Ölmarktes auf nahezu konstant steigende Rohölpreise hinwiesen und die Aufwärtsbewegung seit gestern auch wieder in der Höhe an die vorherige Erholung anknüpft, könnte der aktuelle Disput zwischen China und den USA weitere deutliche Preisanstiege verhindern. Sobald Anleger das Risiko einer Eskalation als zu groß einschätzen, erfolgt in der Regel eine Gewinnmitnahme und der unmittelbare Rückzug aus der riskanten Anlageform. Auch wenn die Aus- wirkungen der Corona-Krise aufgrund von immer neuen Lockerungen in den letzten Wochen nachließen, bleibt weiterhin das Risiko einer „zweiten Welle“ der Pandemie. Der aktuelle Optimismus an den Öl- und Finanzmärkten steht somit auch einer berechtigten Zurückhaltung der Marktteilnehmer gegenüber, da die Spätfolgen der Corona-Krise weiterhin nur sehr schwer eingeschätzt werden können.

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