Ölpreise steigen zum Wochenausklang kräftig | Aktuelle Ölmarkt-News vom 18.09.2020

um 10:37 Uhr von Benjamin Stelse

Ölpreise - Entwicklungen am Ölmarkt

Nachdem noch zu Beginn der Woche fehlende Impulse zu einem regelrechten Stillstand am internationalen Ölmarkt geführt haben, folgten am Dienstag- nachmittag unerwartet deutliche Preissteigerungen und damit der Startschuss einer bis heute anhaltenden Aufwärtsbewegung. Auch wenn am Ölmarkt mit den frühmorgendlichen Gewinnen bereits der dritte Handelstag in Folge mit Preissteigerungen vorzufinden ist, sollte aus unserer Sicht noch nicht vom Übergang in einen Trend gesprochen werden, da aufgrund der aktuellen Vorgaben der Finanzmärkte eine kurzfristige Gegenbewegung nicht ausgeschlossen werden kann.

Aktuell wird die Entwicklung der Rohölpreise jedoch von gleich mehreren preisstabilisierenden Impulsen beeinflusst. So waren die kräftigen Preissteigerungen zur Wochenmitte auf eine deutlich zuversichtlichere Stimmung an den internationalen Finanzmärkten zurückzuführen, die bis heute anhält. Während die Rohölpreise auch im gestrigen Tagesverlauf von der positiven Haltung der Finanzmärkte profitieren konnten, erhielten die Notierungen außerdem weiteren Auftrieb aufgrund von unerwartet kräftig gefallene Rohöllagerbestände in den USA. Analysten sind vor der Bekanntgabe der aktuellen Daten durch die US-Energiebehörde noch von einem Anstieg ausgegangen, jedoch gaben die Rohölbestände um deutliche 4,4 Mio. Barrel nach.

Mit Spannung wurde von Marktteilnehmern das Treffen des Joint Ministerial Monitoring Committee (JMMC) am gestrigen Donnerstag erwartet. Auch wenn ein vollumfänglicher Bericht aktuell noch nicht veröffentlicht wurde, so sickerten bereits gestern erste Details der Gespräche durch. Unter anderem hat sich das Gremium am Donnerstag darauf geeinigt, dass der Ausgleichszeitraum für Überproduktionen bis Ende Dezember verlängert werden soll. Außerdem wurde am internationalen Ölmarkt positiv aufgenommen, dass die Organisation erdölexportierender Länder (OPEC) und deren Kooperationspartner eine außerordentliche Sitzung im Oktober für zusätzliche Maßnahmen einberufen werden, sollte sich die Lage auf dem Ölmarkt erneut verschlechtern.

Der zuvor genannten verlängerte Ausgleichszeitraum für Überproduktionen ging dem Umstand voraus, dass einige Förderländer, zu denen unter anderem die Vereinigten Arabischen Emirate und der Irak zählen sollen, zwischen April und Juli die damalig deutlich gesenkten Förderquoten nicht eingehalten haben. Alle Länder, die in diesem Zeitraum mehr gefördert haben, als vertraglich vereinbart haben sich dazu verpflichtet, die zuvor geförderten Mehrmengen nachträglich auszugleichen. Da die Fördermengen im August jedoch nicht ausreichend "eingespart" wurden, hat sich das hochrangige Komitee der JMMC für eine Verlängerung des Ausgleichszeitraumes ausgesprochen.




Die heutigen Preissteigerungen sind ebenfalls auf die Thematik der Fördermengeneinhaltung zurückzu- führen. So sprach sich mit Saudi-Arabien eines der wichtigsten Förderländer der Welt gestern dafür aus, dass die vertraglich vereinbarten Förderquoten zukünftig von allen Mitgliedsstaaten und Kooperations- partnern einzuhalten sind. Neben des Appells zu mehr Förderdisziplin deuteten die Vertreter Saudi-Arabiens außerdem an, dass unter den Opec+ Mitgliedern eine grundsätzliche Bereitschaft bestehen würde, die erst Anfang August erhöhten Produktionsmengen erneut zu senken, um damit zur Stabilisierung des internationalen Rohölmarktes beizutragen.

Bei der Vielzahl von preistreibenden Meldungen in den letzten Tagen könnte es fast passieren, dass am Ölmarkt nach wie vor einige Themen präsent sind, die seit Anfang September zu massiven Verlusten bei den Notierungen geführt haben. Der Fokus die Markt- teilnehmer hat sich aktuell jedoch von der Angebots- in Richtung der Nachfrageseite verschoben. In Bezug auf die aktuelle und zukünftige globale Rohölnachfrage muss hierbei vor allem die Corona-Krise genannt werden. Da die Neuinfektionen in immer mehr Ländern zuletzt wieder deutlich angestiegen sind, lassen sich die mittel- bis langfristigen wirtschaftlichen Auswirkungen immer schwerer einschätzen.

Nachdem bereits in der letzten Woche die US-amerikanische Energiebehörde Energy Information Administration (EIA) ihre Prognosen für die kurzfristige Nachfrage gesenkt hatte, folgte zu Wochenbeginn auch die Einschätzung der Opec. Die bisherige Schätzung des Ölkartells wurde für das aktuelle Jahr um 400.000 Barrel pro Tag reduziert und für das kommende Jahr wurde die Prognose um noch deutlichere 770.000 Barrel/Tag gesenkt. Ausschlaggebend für die Richtigkeit dieser Einschätzungen dürfte in erster Linie die weitere Entwicklung der Corona-Pandemie sein. Erste Analysten hatten zuletzt geäußert, dass sowohl die kurzfristige, als auch die mittelfristigen Prognosen zu optimistisch ausgefallen sein könnten.

Auch wenn die Entwicklung der Rohölpreise in den letzten Tagen dazu führte, dass ein Großteil der Verluste aus der ersten Monatshälfte ausgeglichen werden konnte, so verfällt der Handel noch nicht in Euphorie. Zu oft kam es in den letzten Wochen und Monaten zu unerwartet deutlichen Gegenbewegungen, die die vorherigen Gewinne innerhalb kürzester Zeit ausglichen haben. An der Situation, dass sich der Rohölmarkt weiterhin in einem Spannungsfeld zwischen Nachfragesorgen und einen zu hohen Angebot steht, hat sich auch in den letzten Tagen nichts geändert, sodass wir mit weiteren Prognosen weiterhin zurückhaltend bleiben.

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