Ölpreise steigen auf höchsten Stand seit März | Aktuelle Ölmarkt-News vom 24.11.2020

um 13:08 Uhr von Benjamin Stelse

Ölpreise - Entwicklungen am Ölmarkt

Nachdem die Rohölpreise zu Beginn des aktuellen Monats bis auf neue Sechs-Monats-Tiefststände nachgegeben hatten, kam es zu einer Gegenbewegung und dem Übergang in einen Aufwärtstrend. Auch wenn die Notierungen in den letzten drei Wochen immer wieder deutlichen Preisschwankungen unterlagen, sind die Rohölpreise tendenziell weiter gestiegen und erreichten zum Start in den heutigen Handelstag neue Langzeit-Höchststände. Die für Europa relevante Rohölsorte Brent notierte im frühen Handel bei 46,6 $/b und die US-Sorte West Texas Intermediate (WTI) kostete 43,6 $/b. Die Preise beider Sorten stiegen somit seit gestern um jeweils rund 0,5 Dollar/Barrel. Für vergleichbare Rohölpreise mussten wir heute Morgen in unseren Statistiken bis Anfang März zurückgehen, als der damalige "Corona-Crash" die Notierungen über Nacht hat regelrecht abstützen lassen.

Die Entwicklung der Rohölpreise wurde in den zurückliegenden Wochen von gleich mehreren preistreibenden Meldungen beeinflusst, von denen die Präsidentschaftswahl in den USA eine Nachricht mit den wohl größten Auswirkungen war. Nachdem sich der amtierende Präsident Trump in der Nacht des Wahltages zunächst selber zum Sieger der Wahl erklärte und später von Unregelmäßigkeiten bei der Auszählung der Wahlstimmen gesprochen hatte, ergaben Neuauszählungen in mehreren Bundesstaaten, dass die vorherigen Auszählungen korrekt waren. Zuvor hat ein Team von Trump beauftragten Rechtsanwälten in mehreren Bundesstaaten versucht die Auszählung der Briefwahlstimmen zu stoppen. Als dieses Vorhaben mehrmals gescheitert ist, wurde die Auszählung in zahlreichen Bundesstaaten angefochten, in denen das Ergebnis besonders eng war.

Ende letzter Woche wurde das Wahlergebnis in Virginia nach einer juristisch erzwungenen Neuauszählung bestätigt und in der Nacht zu heute wurde auch das Ergebnis im Bundesstaat Michigan bestätigt. In beiden Bundesstaaten hatte der Herausforderer Joe Biden knapp gewonnen. Auch wenn sich der Noch-Präsident Trump seine Niederlage weiterhin nicht eingestehen möchte, gab er in einem Tweet über den Kurznachrichtendienst Twitter heute Nacht bekannt, dass er dem designierten Präsidenten Biden und seinem Wahlteam die benötigte "Infrastruktur" zur Verfügung stellen werde. Er betonte jedoch nochmals, dass dies kein Eingeständnis seiner Niederlage sei, sondern er im Sinne der USA handeln würde.

Der designierte Präsident Biden hatte vor der Mitteilung Trump mehrmals aufgefordert die Amtsgeschäfte ohne weitere Verzögerung an ihn und sein Team zu übergeben. Biden betonte in seinen Aufforderungen auch immer wieder die Notwendigkeit einer schnellstmöglichen Übergabe, um eine weitere Ausbreitung des Corona-Virus zu verlangsamen. Ende letzter Woche wurden in den USA gleich zwei neue negative Rekorde in Bezug auf den Corona-Virus aufgestellt. Zum einen starben mit 2.200 Menschen mehr Menschen als jemals zuvor innerhalb von 24 Stunden und zum anderen wuchs die Gesamtzahl der Todesopfer in den USA auf mehr als 250.000.

Prognosen und Aussichten beim Ölpreis

Entwicklung Ölpreise, Rohölpreise, Ölnotierungen


Das Thema Corona und deren Auswirkungen sowohl auf den privaten, als auch auf den geschäftlichen Sektor beschränken sich jedoch nicht nur auf den nordamerikanischen Kontinent. Die wirtschaftlichen Auswirkungen waren in den letzten Wochen und Monaten auch in immer mehr europäischen Ländern zu spüren. In Deutschland wurde gestern bekannt, dass der ursprünglich bis Ende November geplante „Lockdown light“ zunächst bis zum 20. Dezember verlängert werden soll. Sollte die Zahl der Neuinfektionen bis dahin nicht deutlich sinken, könnte es zu verschärften Maßnahmen kommen. Welches Ausmaß diese Verschärfung haben könnten, wurde zuletzt in einigen Nachbarstaaten Deutschlands deutlich. Die österreichische Regierung sah sich letzte Woche dazu gezwungen den Lockdown nochmals zu verschärfen, sodass die Maßnahmen denen aus dem ersten Lockdowns im Frühjahr gleichkommen.

Sowohl aus Sicht nahezu aller Regierungen weltweit, als auch mit dem Blick in Richtung der internationalen Finanzmärkte liegt die Hoffnung aktuell auf eine schnelle Zulassung eines wirksamen Corona-Impfstoffes. Diese Hoffnung in Kombination mit einem möglichen Impfstart noch in diesem Jahr hat zuletzt nicht nur an den Finanzmärkten zu einem regelrechten Kursfeuerwerken geführt, sondern auch zur Stabilisierung des angeschlagenen Rohölmarktes beigetragen. Ein wirksamer Impfschutz könnte zeitnah weltweit bestehende Beschränkungen der Wirtschaft im Kampf gegen die Ausbreitung der Pandemie aufheben, sodass infolgedessen sowohl die Nachfrage nach Treibstoffen als auch nach Rohöl kurzfristig verstärkt werden sollte.

Auch wenn die deutsche Kanzlerin Merkel in Bezug auf den Corona-Virus vor wenigen Wochen noch von der größten Herausforderung seit dem Zweiten Weltkrieg gesprochen hat, stehen die Chancen auf eine baldige Besserung der aktuellen Situation deutlich besser als zuvor. Die positive Wirkung eines wirksamen Impfstoffes, von dem es inzwischen wohl mindestens zwei Sorten geben gibt, wäre vermutlich sowohl in Bezug auf die Weltwirtschaft, als auch auf die globale Rohölnachfrage kurzfristig spürbar. Eine Garantie auf eine konstante Fortsetzung der jüngsten Rohölpreis-Erholung kann jedoch auch heute nicht gegeben werden, da der Faktor Zeit weiterhin nur äußerst schwer einzuschätzen ist.

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