Ölpreise setzen Talfahrt fort | Aktuelle Ölmarkt-News vom 28.04.2020

um 11:02 Uhr von Benjamin Stelse

Ölpreise - Entwicklungen am Ölmarkt

Die Corona – Pandemie und die daraus resultierenden wirtschaftlichen Folgen sorgen am internationalen Ölmarkt für turbulente Zeiten. Speziell die vergangene Woche muss als historisch bezeichnet werden, da eine kuriose Situation in die Geschichte des Ölmarktes eingegangen ist. Der Future-Kontrakt der US-Ölsorte WTI rutschte zum Start der letzten Woche erstmals ins Minus, sodass Käufer dafür bezahlt wurden, wenn Sie Öl abnahmen. Andernfalls hätte Börsenhändlern, die mit dem Produkt Erdöl als reines Finanzprodukt handeln, die tatsächliche Lieferung des gehandelten Öls im kommenden Monat Mai gedroht. Aufgrund von fehlender Infrastruktur musste eine Auslieferung des Öls mit „allen Mitteln“ verhindert werden.

Auch wenn die von uns zuvor beschrieben Situation als Ausnahme bezeichnet werden muss, so lässt sich dennoch zusammenfassen, dass der Rohölmarkt auch in der neuen Woche weiterhin unter Druck steht. Nachdem sowohl die amerikanische Ölsorte WTI als auch die europäische Sorte Brent bereits letzte Woche auf die niedrigsten Stände seit 1999 gefallen sind, kam es bei den Rohölpreisen zum Start in die neue Woche zu weiteren kräftigen Verlusten. So sank die Nordsee-Sorte BRENT gestern im Laufe des Handelstages um rund 8,5 Prozent. Die Verluste der US-Sorte WTI waren gestern hingegen mit 27 Prozent mehr als drei Mal so hoch.

Und auch heute im frühen Handel wurden die Verluste der Rohölpreise weiter fortgesetzt. So fiel am Dienstagmorgen der Preis der für Europa relevanten BRENT um 0,8 Dollar/Barrel (159 Liter) auf 19,72 $/b. Die US-Sorte West Texas Intermediate (WTI) notierte am Morgen bei 11,1 $/b und somit deutliche 1,7 Dollar/Barrel niedriger als am Vortag. Da am globalen Ölmarkt aktuell nicht mit preistreibenden Impulsen zu rechnen ist, könnten die Verluste der letzten Tage sogar noch weiter ausgebaut werden.




Den massiven Preisdruck auf die US-Rohölsorte WTI ist auf zwei Entwicklungen zurückzuführen. Zum einen wird US-Sorte in der Stadt Cushing im Bundesstaat Oklahoma ausgeliefert, sodass die dort äußerst angespannte Situation der Lagerkapazitäten besonders schwer wiegt. Zum anderen wird der Preisdruck am Ölmarkt momentan dadurch verstärkt, dass aktuell vermehrt große Ölfonds aus Ölterminkontrakten mit Fälligkeit in naher Zukunft aussteigen. Die Erdölfonds wollen somit offensichtlich eine Wiederholung der Situation von letzter Woche verhindern, bei der die Kontrakte zwischenzeitlich unter die Nulllinie gesunken sind.

Selbst die preisstabilisierende Wirkung von Meldungen, die in der Vergangenheit zu einem deutlichen Preisanstieg mit nachhaltiger Aufwärtstrieb gesorgt hätten, „verpuffen“ innerhalb kürzester Zeit. So sorgte Mitte letzter Woche die Drohung US-Präsident Trump, dass die US-Marine iranische Schiffe zerstören werde, falls diese sich amerikanischen Schiffen in den Weg stellen sollten, nur für ein wenig Preisauftrieb. Und auch der preissteigernde Effekt der Meldung, dass das Mainzer Unternehmen Biontech als erstes Unternehmen in Deutschland die Zulassung für eine klinische Studie erhielt, hielt nicht lange an.

Die aus der sogenannten „Corona-Krise“ resultieren- den Folgen für die Weltwirtschaft, sowie für die globale Erdölnachfrage ist aufgrund der neusten Entwicklungen am Ölmarkt nochmals schwerer einzuschätzen. Von einer kurzfristigen Stabilisierung der Rohölpreise, wie sie seitens ersten Marktteil- nehmern aufgrund der zwischenzeitlichen Rohölpreis-Entwicklung Ende letzter Woche erhofft wurde, sollte unserer Meinung nach noch lange nicht gesprochen werden. Die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie werden kurzfristig eher noch weiter zuneh- men, als dass eine zeitnahe „Besserung in Sicht“ ist.  

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