Ölpreise setzen erneut zur Erholung an | Aktuelle Ölmarkt-News vom 20.03.2020

um 11:11 Uhr von Benjamin Stelse

Ölpreise - Entwicklungen am Ölmarkt

Die Entwicklung der Rohölpreise in den zurück- liegenden Wochen muss zusammenfassend als äußerst turbulent beschrieben werden. Anfang letzter Woche kam es bereits zum Start in den Handelstag mit einem Minus von zwischenzeitlich mehr als 30 Prozent zu den massivsten Verlusten seit der Finanzkrise 2008. Mit dem heutigen Kenntnisstand waren diese Preisrück- gänge jedoch lediglich der Beginn einer regelrechten Talfahrt der Rohölpreise an den internationalen Finanzmärkten. Gestern Morgen erreichten die Rohölpreise die niedrigsten Stände seit 17 Jahren.

Nachdem der Abwärtstrend in den letzten zwei Wochen nahezu ungebremst anhielt, wurde er in den zurückliegenden Tagen nochmals beschleunigt. Während die Nordseesorte BRENT gestern mit einem Preis von 26,1 $/b auf das niedrigste Niveau seit 2003 sank, mussten wir in unseren Statistiken für vergleichbare Preise der US-Sorte WTI (22,9 $/b) sogar noch ein Jahr weiter zurückgehen. Die aktuelle Kursentwicklung wird von gleich weiterhin gleich mehreren Effekten belastet, wobei die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise, sowie der Preiskrieg der führenden Ölstaaten Saudi-Arabien und Russland am meisten Einfluss haben.

Während die Folgen der Corona-Krise bis vor wenigen Wochen eher „wirtschaftliche Natur“ waren, haben die Auswirkungen in den letzten Tagen nun auch das öffentliche Leben in weiten Teilen der Welt erreicht. In immer mehr Ländern wird durch massive Einschränkungen des öffentlichen Lebens versucht die Ausbreitung der neuartigen Lungenkrankheit zu verlangsamen. Neben ausgesprochenen Empfeh- lungen und der Bitte zur Reduzierung von sozialen Kontakten, kommt es aktuell in immer mehr Regionen und teils in ganzen Ländern zu Ausgangssperren, um das Corona-Virus eindämmen zu können.




Die aus der Corona-Krise entstehenden wirtschaftlichen Auswirkungen lassen sich aufgrund der rasanten Ausbreitung immer schwerer einschätzen, jedoch gehen immer mehr Analysten davon aus, dass die globale Rohölnachfrage nachhaltig sinken wird. Speziell vor dem Hintergrund dieses neuen Kenntnisstandes ist der jüngste Sinneswandel im Bezug auf die Ausrichtung der zukünftigen Fördermengenpolitik von Ländern wie Saudi-Arabien und Russland nur schwer nachzuvollziehen, da dadurch die Flutung der Rohölmärkte weiter fortgesetzt wird.

So kündigten Vertreter Saudi-Arabiens zu Wochenbeginn an, dass die eigenen Förderkapazitäten zeitnah nochmals erhöht werden sollen. Nach den gescheiterten Verhandlungen auf der OPEC-Konferenz vor gut zwei Wochen in Wien, hat Russlands Präsident Putin unterdessen mitgeteilt, dass es aktuell keine Pläne für die Wideraufnahme von Verhandlungen mit Saudi-Arabiens gebe und auch eine eigene Förder- mengenerhöhung ebenfalls in Betracht gezogen wird. Ein Ölpreiskrieg und ein damit verbundenes noch nicht dagewesenes Überangebot sei nahezu sicher.

Auch wenn es heute zu einer Gegenbewegung mit wieder deutlich steigenden Rohölpreisen an den internationalen Finanzmärkten kommt, so muss weiterhin von schlechten Voraussetzungen für eine mittel- bis langfristige Erholungsphase gesprochen werden. Speziell in unsicheren Zeiten, werden an den Aktienmärkten riskante Anlageformen, zu denen auch Rohstoffe wie Öl gehören, eher gemieden. Es bleibt abzuwarten, ob die heutige Preisanstiege der Startschuss zu einer wünschenswerten Aufwärts- bewegung sind, oder ob es sich lediglich um eine kurzfristige Gegenreaktion halten, deren Effekt bereits am Wochenende wieder „verpufft“.

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