Ölpreise setzen Abwärtsbewegung fort | Aktuelle Ölmarkt-News vom 12.06.2020

um 10:55 Uhr von Benjamin Stelse

Ölpreise - Entwicklungen am Ölmarkt

Nachdem sich die Rohölpreise aufgrund der Corona-Krise und den darauf resultierenden wirtschaftlichen Folgen bis Ende April in einer nahezu ungebremsten Talfahrt befanden, konnte der Verfall der Notierungen erst durch die Einleitung von massiven geldpolitischen Maßnahmen beendet werden. Zuvor hat die Kombination aus einer regelrechten Über- schwemmung des Marktes mit „billigem Öl“ und einer gleichzeitig auftretenden globalen Nachfrage- schwäche, die Rohölpreise innerhalb kürzester Zeit um mehr als 70 Prozent fallen lassen.

Den „Höhepunkt“ der nahezu ungebremsten Abwärtsbewegung erreichten die Notierungen Ende April, als der sogenannte Corona-Crash die Preise beiden Rohölsorten auf neue Langzeittiefs abrutschten lies. Während die im März und April eingeleiteten Maßnahmen zur Stabilisierung der Notierungen lediglich zu zwischenzeitlichen Unterbrechungen der Talfahrt führten, erfolgte erst Anfang Mai eine deutliche Gegenbewegung. Im Wesentlichen war die damit beginnende Erholungstour auf die Einigung führender Förderländer auf eine Produktions-Drosselung von 10 Mio. Barrel pro Tag zurückzuführen.

Nachdem die seitens das Förderkartell Opec und ihrer Kooperationspartner, zu denen auch Russland gehört, Ende April beschossenen Drosselungen zu einer merklichen Stabilisierung des Ölmarktes führte, bestand die Hoffnung, dass eine Verlängerung der Produktionskürzung für weiter steigende Notierungen sorgen würde. Die im Vorfeld des Treffens befürchteten Differenzen der Teilnehmer hatten bei der Abstimmung am vergangenen Samstag keinen Einfluss und die Förderländer einigten sich auf eine Verlängerung bis Ende Juli. Die zuvor erwartete Steigerung der Rohölpreise folgte am Montagmorgen, doch das Plus war nur von kurzer Dauer.

Denn bereits im Nachmittagshandel am Montag war eine deutliche Gegenbewegung ablesbar, die aus gleich mehrere preisdrückende Effekte resultierten. Neben den bei vergleichbaren Preissprüngen fast schon marktüblichen Gewinnmitnahmen seitens spekulativer Anleger, sorgte eine Meldung aus Saudi-Arabien für eine deutliche Eintrübung der Stimmung am internationalen Ölmarkt. Während das Königreich im Mai und Juni die mit dem Opec+ Verbund vertraglich vereinbarte Drosselung freiwillig ausweitete, stellte ein Sprecher des Förderlandes am Montag klar, dass Saudi-Arabien die freiwillige Fördermengendrosselung im Juli nicht mehr fortführen wird.

Während die Entscheidung Saudi-Arabiens zu einer kräftigen Gegenbewegung führte und ein Großteil der Gewinne vom Wochenstart bereits wieder abgegeben wurden, traten die Notierungen zur Wochenmitte nahezu unverändert auf der Stelle. Aufgrund von fehlenden Impulse verschob sich der Fokus der Marktteilnehmer am Donnerstag in Richtung des wöchentlichen Marktberichtes des amerikanischen Energieministeriums. Nachdem die Lagerbestände im Mai noch mehrmals gesunken sind, wurde von Analysten auch diese Woche mit einem Rückgang gerechnet. Doch entgegen der Erwartung der Experten, stiegen die US-Lagerbestände überraschend um kräftige 5,7 Mio. Barrel.

Aus den deutlich gestiegenen US-Lagerbeständen lässt sich schließen, dass die durch die Lockerung der Corona-Ristriktionen erhöhte Rohölnachfrage noch nicht ausreichend war, um die aus der Ölschwemme der letzten Monate resultierenden Mehrmengen abzubauen. Doch die Stimmung an den internationalen Finanzmärkten wurde im Tagesverlauf des gestrigen Donnerstages auch durch eine weitere Meldung aus den USA weiter belastet. Die US-Notenbank Fed gab gestern einen trüben Konjunkturausblick bekannt, der die zuvor bereits pessimistische Einschätzung der Experten übertraf.

Neben dem Konjunkturausblick seitens der US-Notenbank, wird die Stimmung an den Börsen auch von der Einschätzung der Fed belastet, dass die Corona-Krise zu einer langfristigen Belastung der US-Wirtschaft, sowie damit verbundenen Jobverlusten in Millionenhöhe führen sollte. Verstärkt werden die Einschätzung der Notenbank durch die zunehmend ungünstige Entwicklung der aktuellen Infektionszahlen in den Vereinigen Staaten. Die aktuellen Steiger- ungsraten schüren die Angst vor einer zweiten Corona-Welle in der größten Volkswirtschaft der Welt und könnte nach den kürzlichen Lockerungen, zeitnah für eine erneute Verschärfung der Restriktionen sorgen.

Auch wenn sich die Lage am Rohölmarkt im Vergleich zum ersten Drittel des aktuellen Jahres zuletzt deutlich beruhigt hatte und die Anfang Mai startende Erholungstour für eine spürbare Stabilisierung des Ölmarktes sorgte, sollte weiterhin nicht von einer Rückkehr zu gewohnten Marktmechanismen gesprochen werden. Diese Einschätzung wird auch anhand der aktuellen Reaktionen auf marktrelevante Meldungen deutlich. Aktuell ist deutlich abzulesen, dass speziell preisdrückende Meldungen in der aktuellen Woche zu kräftigen Preisbewegungen führten, wohingegen die Reaktion auf preistreibende Impulse komplett ausblieb oder schnell nachließen.

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