Ölpreise nach kräftigen Wochengewinnen leichter | Aktuelle Ölmarkt-News vom 13.11.2020

um 10:57 Uhr von Benjamin Stelse

Ölpreise - Entwicklungen am Ölmarkt

Mit dem Blick auf unseren Preis-Chart wird deutlich, dass die Entwicklung der Rohölpreise in den zurückliegenden Tagen einer Berg- und Talfahrt gleich. Nachdem sich bereits in der Vorwoche der Übergang in eine Aufwärtsbewegung angedeutet hatte, wurde diese durch zwischenzeitliche Abwärtskorrekturen unterbrochen, bevor die Rohölpreise zu Beginn dieser Woche die vorherige Erholungstour fortsetzten. Dass die Preise beider Rohölsorten jedoch innerhalb weniger Tage bis auf ein neues 14-Wochen-Hoch klettern würden, haben einschließlich uns nur die wenigsten Marktteilnehmer erwartet.

Die kräftigen Preissteigerungen in dieser Woche waren in erster Linie auf zwei preistreibende Faktoren zurückzuführen. Zum einen wurde am vergangenen Wochenende bekannt gegeben, dass der Herausfor- derer Joe Biden die Wahl in den USA gewonnen hat und der 46. Präsident der Vereinigten Staaten wird. In der Vorwoche führte der zwischenzeitliche Vorsprung Biden’s am Rohölmarkt noch zu Kursverlusten, da der Fokus des Demokraten im Sektor Energie auf alternativen Energien tendenziell eher negativ für den Ölmarkt ausgelegt wurde. Die positiven Auswirkungen der Wahlentscheidung an den internationalen Finanzmärkten sorgten zu Beginn der aktuellen Woche dennoch für deutlich steigende Rohölpreise.

Das regelrechte „Kursfeuerwerk“ an den internationalen Finanzmärkten folgte jedoch erst später aufgrund eines zweiten preistreibenden Faktors. Denn zu Wochenbeginn wurde bekannt gegeben, dass der Durchbruch bei der Suche nach einem Corona-Impfstoff gelungen ist. Die beiden Pharma- unternehmen Biontech und Pfizer bestätigten, dass sie gemeinsam einen Impfstoff mit 90-prozentiger Wirksamkeit entwickeln konnten und zeitnah ein Zulassungsverfahren in den USA einreichen würden. Alleine die Aussicht auf einen kurzfristig verfügbaren Impfstoff hat an den Finanzmärkten zwischenzeitlich zu euphorischen Kurssprüngen geführt.

Nach den zuvor beschriebenen kräftigen Preis- steigerungen folgte auf Donnerstag ein vergleichs- weise ruhiger Handelstag, an dem zunächst weder zum Start, noch im Laufe des Vormittages große Preisschwankungen nachzuvollziehen waren. Der Fokus der Marktteilnehmer verschob sich daher auf den Nachmittagshandel, da der wöchentliche Marktbericht der US-Energiebehörde aufgrund eines Feiertages in den USA erst einen Tag später am Donnerstag veröffentlicht wurde. Während die Einflussnahme der Mengenentwicklung in den Vorwochen eine eher untergeordnete Rolle bei der Preisbildung am Rohölmarkt einnahm, war die Bedeutung heute Morgen wieder deutlich zu erkennen.

Prognosen und Aussichten beim Ölpreis

Entwicklung Ölpreise, Rohölpreise, Ölnotierungen

Denn für die heutigen Preisrückgänge am Rohölmarkt sind die unerwartet kräftig gestiegenen Rohöllager- beständen in den USA verantwortlich. So legten die Bestände in der letzten Woche um kräftige 4,3 Mio. Barrel auf 488,7 Barrel zu. Analysten haben vor der gestrigen Veröffentlichung des wöchentlichen Berichts seitens der amerikanischen Energiebehörde (Energy Information Administration) mit deutlichen Mengenrückgängen von 1,9 Millionen Barrel gerechnet. Während die Bestands-Entwicklung in den letzten Wochen noch nahezu immer von Mengenrückgängen geprägt waren, ist der aktuelle Anstieg bereits der Zweite innerhalb von drei Wochen. Bestätigt wurden die Erwartungen der Analysten hingegen bei den Produkten Benzin und Heizöl, deren Bestandsmengen leicht nachgaben.

Ein weiterer Faktor für die Unterbrechung der jüngsten Aufwärtsbewegung ist auf den gestern veröffentlichten Bericht der Internationalen Energieagentur (IEA) zurückzuführen. In den letzten vier Wochen lag die Nachfrage nach Rohölprodukten in den USA bei rund 19 Mio. Barrel/Tag und somit fast elf Prozent unter dem Durchschnitt des Vorjahresmonats. Ein vergleichbarer prozentualer Rückgang war auch bei der Benzin-Nachfrage erkennbar, die bei ca. 8,5 Mio. Barrel/Tag lag. Darüber hinaus wird im jüngsten Monatsbericht der IEA angegeben, dass die globale Nachfrage in diesem Jahr um rund neun Mio. Barrel/Tag auf ca. 91,3 Mio. Barrel/Tag sinken wird.

Der Ausblick der Energieagentur für das kommende Jahr sieht wieder deutlich positiver aus. Auch wenn die Nachfrage im ersten Quartal mit einem Rückgang von 0,7 Mio. Barrel/Tag an die aktuelle Entwicklung anschließen könnte, soll auf Jahressicht die Nachfrage um rund sechs Mio. Barrel/Tag steigen. Aus unserer Sicht sind die angegeben Prognosen als optimistisch zu bezeichnen, da die weiteren Auswirkungen der Corona-Pandemie aktuell nur schwer einzuschätzen sind. Die Hoffnung auf eine zeitnahe Zulassung eines wirksamen Corona-Impfstoffes sollte ihren Anteil zum weltweiten Wirtschaftsaufschwung im kommenden Jahr beitragen, jedoch muss zunächst abgewartet werden, in welchem Zeitraum die Impfungen durchgeführt werden können und ob der positive Effekt auf die Rohöl-Nachfrage vollumfänglich messbar sein wird.

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