Ölpreise mit kräftiger Gegenbewegung | Aktuelle Ölmarkt-News vom 04.09.2020

um 11:19 Uhr von Benjamin Stelse

Ölpreise - Entwicklungen am Ölmarkt

Nachdem die Entwicklung der Rohölpreise in den letzten Wochen fast ununterbrochen von einer konstanten Seitwärtsbewegung mit tendenziell leicht steigenden Ölpreisen geprägt war, hat der Trend zur Mitte der aktuellen Woche ein abruptes Ende gefunden. Vor der aktuellen Abwärtskorrektur konnten die Preise beider Rohölsorten am Montag an den Finanzmärkten die höchsten Stände seit dem Beginn der Corona-Krise erreichen. Die vorherigen Preissteigerungen waren aus Sicht vieler Markt- teilnehmer ohnehin überraschend, da speziell in der Vorwoche Meldungen mit preisstützenden Impulsen Mangelware blieben.

Der deutliche Preisrückgang zur Wochenmitte ist unter anderem auch auf eine Gegenbewegung bei der Entwicklung des US-Dollars zurückzuführen. Während die amerikanische Währung am Dienstag kurzfristig einen Kurs von 1,20 Dollar/Euro erreichte und dadurch so „schwach“ wie zuletzt im Mai 2018 war, konnte der US-Dollar kurz darauf zur Korrektur ansetzen. Da Rohöl an den Finanzmärkten bevorzugt in der US-Währung gehandelt wird, sorgt eine Erholung des Dollar in der Regel für eine rückläufige Nachfrage außerhalb des Dollarraumes und für sinkenden Rohölpreise.

Zum Start in den heutigen Handelstag haben die Rohölpreise an die Verluste von gestern angeknüpft und gaben erneut deutlich nach. Ein Barrel (159 Liter) der für Europa relevanten Rohölsorte Brent kostete am Morgen zunächst 43,7 $/b. Der Preis der amerikanische Rohölsorte WTI (West Texas Intermediate) notierte zum gleichen Zeitpunkt bei knapp 41,- $/b. Beide Sorten gaben somit um 0,4 Dollar/Barrel nach und sanken jeweils auf den niedrigsten Stand seit mehr als vier Wochen. Im Laufe des Vormittagshandels war jedoch eine erste Korrekturbewegung ersichtlich, da die Preise leicht nach oben drehten.

Selbst Meldungen deren preisstabilisierende Wirkung in den Vorwochen noch zu deutlich steigenden Rohölpreisen geführt haben, konnten die jüngste Abwärtsbewegung nicht verhindern. Nachdem das American Petroleum Institute (API) in ihrer wöchentlichen Einschätzung bereits am Dienstag einen Rückgang der US-Lagerbestände angab, bestätigte auch die US-Energiebehörde Department of Energy (DOE) in ihren offiziellen Daten am Mittwoch den Rückgang der Bestände, wobei dieser wesentlich deutlicher ausfiel als zuvor seitens der API erwartet. Dass der aktuelle Mengen-Rückgang von kräftigen 9,4 Mio. Barrel in dieser Woche nicht für Auftrieb sorgte, liegt an der fehlenden Aussagekraft der Daten. Im Wesentlichen sind die Minderungen auf die Auswirkungen des Hurrikans "Laura" zurückzuführen, der die Arbeit der Ölbranche in der Vorwoche stellenweise massiv einschränkte.

Entwicklung Ölpreise, Rohölpreise, Ölnotierungen


Grundsätzlich befindet sich der Rohölmarkt weiterhin in einem Spannungsfeld zwischen steigenden Nachfragesorgen infolge der Corona-Krise und seit Anfang August wieder steigenden Angebotsmengen. Neben den steigenden Angebotsmengen aufgrund der durch den Ölverbund Opec+ Ende Juli beendeten Fördermengenbremse, sorgt ein Bericht aus dem Irak aktuell für Aufmerksamkeit am Ölmarkt. Da erste Mitglieder des Opec+ Verbundes die Erhöhung der Fördermengen als „zu voreilig“ einschätzen, kam aus dem Irak das eindeutige Signal, dass kein Interesse an einer weiteren Förderkürzung bestehe. Es bleibt jedoch abzuwarten, ob die aktuelle Einstellung der irakischen Vertreter auch anhält, wenn über das Vorhaben innerhalb des Verbundes abgestimmt werden sollte.

Ein weiterer preisdrückender Impuls ist in der zuletzt eingetrübten Stimmung an den internationalen Finanzmärkten zu finden. Enttäuschende Konjunktur- daten aus dem Euroraum und aus den USA geben Marktteilnehmern erneut Anlass zur Sorge, dass die weltweite Nachfrageschwäche infolge der Corona-Krise sowohl im vierten Quartal des aktuellen Jahres, als auch darüber hinaus anhalten könnte. Auf der Nachfrageseite sind dementsprechend aktuell keine marktrelevanten Impulse zu erwarten, sodass die Auswirkungen der Corona-Pandemie in vielen Wirtschaftsnationen zukünftig noch deutlicher zu spüren sein könnte als bisher.

Neben den zuvor beschriebenen Faktoren, die in den letzten beiden Tagen zu deutlich sinkenden Notierungen geführt haben, sind auch die fast schon zu erwartenden Gewinnmitnahmen spekulations- freudigen Anleger an den Finanzmärkten für die aktuelle Preisentwicklung mitverantwortlich. Auch wenn wir bereits zu Beginn der Woche darüber berichtet haben, dass der bis zu diesem Zeitpunkt kontinuierliche Aufwärtstrend als unerwartet zu bezeichnen ist und dieser aus unserer Sicht zeitnah beendet werden dürfte, so überrascht doch die Höhe der jüngsten Abwärtskorrektur. Eine kurzfristige Prognose fällt daher aktuell schwer, jedoch gehen wir davon aus, dass sich die Ölpreise kurzfristige tendenziell eher wieder seitwärts bewegen werden, als dass sie eine eindeutige Richtung einschlagen wird. (bs)

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