Ölpreise mit deutlichen Schwankungen zu Jahresbeginn | Aktuelle Ölmarkt-News vom 05.01.2021

um 10:59 Uhr von Benjamin Stelse

Ölpreise - Entwicklungen am Ölmarkt

In unseren ersten Rohöl-News des neuen Jahres ergibt sich für uns die Möglichkeit noch einmal kurz auf ein ganz besonderes „Rohöl-Jahr“ mit vielen Höhen und Tiefen zurückzublicken. Auch wenn die deutlichen Preisschwankungen auf mehreren Faktoren zurückzuführen waren, so hat ein Thema immer wieder zu deutlichen Preisbewegungen am Ölmarkt geführt: die Corona-Pandemie. Bereits nach dem Ausbruch der im Frühjahr noch vollkommen unbekannten Lungenkrankheit waren die Auswirkungen an den Märkten unübersehbar. Dass die Rohölpreise jedoch kurze Zeit später in den negativen Bereich fallen sollten, konnte so nicht vorhergesehen werden und wird von vielen Marktteilnehmern berechtigterweise als „historisch“ bezeichnet.

Auch wenn die Auswirkungen der Pandemie bis heute am Ölmarkt zu spüren sind, hat der Einfluss in den letzten Wochen etwas nachgelassen. Mit dem Blick auf unseren Preis-Chart und dem direkten Vergleich zu den Kursständen vor einem Jahr wird deutlich, dass sich die Notierungen in den zurückliegenden Monaten deutlich vom regelrechten Preisrutsch des sogenannten „Corona-Crashs“ im Frühjahr erholen konnten, die Preise aus dem Januar 2020 mit einer Differenz von rund 20 Dollar je Barrel jedoch weiterhin in "weiter Ferne" liegen. Dennoch kann zum Start ins neue Jahr auch festgestellt werden, dass das Tal der Notierungen lange zurückliegt und dass sich die Rohölpreise trotz zwischenzeitlicher Verschnaufpausen in einem anhaltenden Aufwärtstrend befinden.

Der Aufwärtstrend wurde gestern Morgen auch zum Start in den ersten Handelstag des neuen Jahres bestätigt. Denn im Vergleich zum 30.12. stiegen die Rohölpreise zunächst um mehr als 2,5 Prozent. Während die US-Sorte West Texas Intermediate (WTI) gestern Morgen bei 49,7 $/b notierte und somit um kräftige 1,7 Dollar/Barrel stieg, kletterte der Preis für ein Fass der für Europa relevanten Rohöl-Sorte Brent mit 1,8 Dollar/Barrel nochmals deutlicher auf 53,1 Dollar/Barrel. Beide Preise erreichten somit zum Start ins neue Jahr neue Langzeithöchststände. Ein vergleichbares Preis-Niveau konnten wir in unseren Statistiken zuletzt Ende Februar und somit kurz vor der Corona-Krise feststellen. Doch die Euphorie am internationalen Ölmarkt blieb nur von kurzer Dauer.

Bereits im Laufe des gestrigen Handelstages kam es zu einer unerwartet deutlichen Gegenbewegung am Ölmarkt, die die frühmorgendlichen Gewinne ausglichen, sodass die Notierungen ihre erst kurz zuvor erreichten Langzeithöchststände wieder verlassen mussten. Doch bei der Abgabe der Gewinne sollte es nicht bleiben. Die Preise beider Rohölsorten verließen den Handel schlussendlich mit Verlusten von jeweils rund 0,4 Dollar/Barrel. Und auch heute Morgen wurde die Abwärtsbewegung weiter fortgeführt und die Notierungen starteten mit weiteren Preisrück-gängen von 0,4 Dollar/Barrel in den Tag. Die Rohölpreise befinden sich somit am Morgen leicht unterhalb des Preiskanals, in dem sich die Notierungen in der letzten Dezember-Woche bewegten.

Prognosen und Aussichten beim Ölpreis

Die gestrige Gegenbewegung mit deutlich sinkenden Preisen ist auf gleich mehrere preisdrückende Faktoten zurückzuführen. Zum einen hat der gestrige Start des US-Handels für eine deutliche Eintrübung an den internationalen Finanzmärkten gesorgt, die wiederum auch den Ölmarkt belasteten. Darüber hinaus wird befürchtet, dass die Förderpolitik des Ölkartells Opec und seiner zehn Kooperationspartner (Opec+) zeitnah wieder stärker in den Fokus rückt und eine mögliche Uneinigkeit in Bezug auf die kurzfristige Mengen-Planung zu weiteren Preisrückgängen führen könnte. Bereits Ende letzten Jahres haben Unstimmigkeiten innerhalb des Verbundes zu Verzögerungen bzgl. der zukünftigen Vorgehensweise geführt.

Nach einem außerplanmäßigen weiteren Treffen der Mitgliedsstaaten hatte man sich im Dezember darauf verständigt, dass die Mengenerhöhung ab Januar 2021 deutlich niedriger ausfällt, als ursprünglich im Sommer vereinbart. Die vereinbarten Mindermengen sollten dafür sorgen, den über weite Strecken im Jahr 2020 unter Druck geratenen Ölmarkt nachhaltig zu stabilisieren. Auch wenn sich die Notierungen wie erhofft bis Ende Dezember nahezu konstant erholen konnten, sprechen sich aktuell mehrere Mitgliedsstaaten gegen eine kurzfristige Ausweitung der Produktionsmengen aus. Insbesondere das führende Opec-Mitglied Saudi-Arabien hatte im gestrige Meeting vor einer frühzeitigen Ausweitung der Ölförderung gewarnt, währenddessen Russland diese bewusst befürwortet.

Da die aktuellen Rohölpreise weiterhin deutlich hinter dem Niveau von vor einem Jahr liegen, wäre ein Verzicht auf die Ausweitung der aktuell zugelassenen Fördermengen innerhalb des Ölverbundes Opec+ wünschenswert. Angesichts zuletzt deutlich gestiegener Rohölpreise steht der Verbund vor der Herausforderung der Versuchung von Mehrmengen zu widerstehen, um den Ölmarkt und dessen Preise nachhaltig zu stabilisieren, um langfristig von den Vorteilen profitieren zu können. Wie auch schon im letzten Jahr liegt weiterhin der Schatten der Corona-Pandemie weiterhin über der Entscheidung des Kartells und seiner Kooperationspartner.

Sollte die Ende letzten Jahres weltweit gestartete Impf-Kampagne nicht oder erst verzögert den gewünschten Erfolg zeigen, könnte eine Lockerung der Produktionsbegrenzungen ab Februar seitens der Opec+ zu einer Art „Bumerang“ werden, sodass im schlimmsten Fall die über mehrere Monate mühsam erreichte Erholung der Rohölpreise innerhalb kürzester Zeit „zerstört“ wird. Aktuell wird jedoch davon ausgegangen, dass die Impf-Aktivitäten auf absehbare Zeit zu einer Stabilisierung der globalen wirtschaftlichen Aktivitäten führen wird und infolgedessen auch die weltweite Rohölnachfrage steigen sollte. Eine kurz- bis mittelfristige Prognose der zukünftigen Nachfrage fällt jedoch aktuell äußert schwer, da der Faktor Zeit nur sehr schwer einzuschätzen bleibt.

Zurück