Ölpreise mit deutlich mehr Schwankungen | Aktuelle Ölmarkt-News vom 04.08.2020

um 11:06 Uhr von Benjamin Stelse

Ölpreise - Entwicklungen am Ölmarkt

Während die Entwicklung der Rohölpreise in den letzten Tagen vor allem durch eine Vielzahl von preisdrückenden Meldungen geprägt war, konnten die Notierungen im gestrigen Nachmittagshandel von den aktuellen Industriedaten aus den USA profitieren, sodass die frühmorgendlichen Verluste nicht nur wieder vollumfänglich ausgeglichen werden konnten, sondern der Handel mit einem deutlichen Plus verlassen wurde. Doch auch am Rohölmarkt gilt immer wieder die Binsenweisheit „wie gewonnen, so zerronnen“. Denn mit dem Start in den heutigen Handelstag wurde bereits ein Großteil der vorherigen Vortagesgewinne abgegeben.

Nachdem sich die beiden Rohölpreise zu Beginn des gestrigen Handelstages zunächst noch entgegen- gesetzt zueinander entwickelten und eine Rückkehr zu parallel verlaufenden Preisverläufen erst im Laufe des Tages stattfand, ist heute Morgen bereits eine Abwärtsbewegung im Gleichschritt ersichtlich. Im frühen Handel notiert die für Europa relevante Rohölsorte BRENT bei 43,8 $/b und die amerikanische Sorte West Texas Intermediate (WTI) bei 40,7 $/b. Beide Rohölsorten sind somit seit gestern um 0,3 Dollar/Barrel gefallen, wobei am Ölmarkt bereits jetzt abzulesen ist, dass die Preisrückgänge im Vormittagshandel weiter ausgebaut werden könnten.

Neben den bereits zuvor genannten preis- stabilisierenden Industriedaten konnten die Notierungen zum Wochenstart auch von einer allgemein freundlicheren Lage an den internationalen Finanzmärkten profitieren. Darüber hinaus führen die besser als erwarteten Konjunkturdaten aus den USA für Auftrieb am Ölmarkt. Die Ballung von gleich mehreren stützenden Meldungen hat zuletzt wieder zu deutlich steigenden Rohölpreisen geführt, sodass die amerikanische Sorte West Texas Intermediate (WTI) mit 41,3 Dollar/Barrel gestern zwischenzeitlich auf den höchsten Stand der zurückliegenden Tage steigen konnte. Doch am Ölmarkt führten zuletzt auch eine Vielzahl von belastenden Nachrichten dazu, dass keine Konstante in der Entwicklung ersichtlich war.

Das Thema mit dem wohl weiterhin größten Einfluss auf die Rohölpreise ist die aktuelle Entwicklung der Corona-Pandemie. Nachdem die „erste Corona-Welle“ vermeintlich überstanden wurde und damit erste Marktteilnehmer auch das Ende der weltweiten geldpolitischen Maßnahmen erwarteten, könnte die aktuelle Lage zu einem baldigen Bedarf weiterer Geldmittel führen. Die seitens Analysten häufig erwähnte "zweite Welle" ist nicht mehr nur eine Befürchtung, sondern anhand von wieder deutlich steigender Infektionszahlen in immer mehr Ländern inzwischen Realität. Während zuletzt immer wieder von den neusten Zahlen aus den USA berichtet wurde, sind die Auswirkungen viel weitreichender.




Nachdem in Australien zuletzt ein neuester Höchststand an Neuinfektionen verzeichnet wurde, wurde im zweitgrößten Bundesstaat des Landes (Queensland) der Notstand ausgerufen und eine Ausgangssperre angeordnet, um die Geschwindigkeit einer weiteren Aufbereitung der Pandemie zu verlangsamen. Noch dramatischer sind die Auswirkungen der Pandemie in der philippinische Hauptstadt Manila. Aufgrund von mehr als 5.000 registrierten Neuinfektionen am vergangenen Wochenende hat sich die Regierung einen weiteren Lockdowns veranlasst. Aufgrund der aktuellen Entwicklung der Corona-Pandemie wird befürchtet, dass die Weltwirtschaft und deren Erholung nach dem weltweiten Lockdown erneut geschwächt wird.

Ein weiterer Faktor mit maßgeblichen Einfluss auf die zukünftige Entwicklung der Notierungen ist auf der Angebotsseite zu finden. Infolge des Ölpreisverfalls im Frühjahr, kam es in den USA zu einer Vielzahl von Schließungen von Ölförderanlagen, da diese aufgrund von immer weiter sinkenden Ölpreisen nicht mehr gewinnbringend produzieren konnten. Auch wenn zuletzt eine weitere Minderung der aktiven Förderanlagen verhindert werden konnte, wird eine baldige Rückkehr der aktiven Anlagen auf das Niveau von vor der Corona-Krise als unrealistisch eingeschätzt.

Für ein steigendes Angebot auf dem Ölmarkt werden Produktionsmengen aus den USA somit voraussichtlich nicht beitragen. Hierbei rückt vielmehr der Opec+ Verbund in den Fokus von Marktteilnehmer und Analysten. Nachdem sich die Mitglieder des Verbundes in den letzten Monaten auf eine Anpassung der Fördermengenpolitik einigen konnten und somit entscheidend zur Erholung der Rohölpreise beitragen konnten, droht aufgrund der aktuell wieder steigenden Produktionsmengen des Kartells ein baldiges Überangebot am Ölmarkt. Die erhöhten Fördermengen könnten die Notierungen nicht nur an der Fortsetzung der Erholungstour hindern, sondern die Ölpreise wieder sinken lassen.

Im Vergleich zu den Vorwochen, in denen eine kurz- bis mittelfristige Prognose der Rohölpreis-Entwicklung bereits schwerfiel, hat sich die Ausgangssituation für eine Einschätzung aktuell nicht merklich verbessert, sodass wir mit einer Prognose weiterhin zurückhaltend bleiben. Aufgrund der aktuellen Lage in Bezug auf die Corona-Problematik, sowie den zu erwartenden Mehrmengen in Folge der Produktionssteigerungen am Ölmarkt, gehen wir aktuell davon aus, dass die Erholungstour der Ölpreise vorerst gestoppt sein sollte. Sollte die Notierungen in den nächsten Tagen dennoch weiter steigen, gehen wir von nur noch vergleichsweise geringen Preissteigerungen aus. (bs)

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