Ölpreise legen nach Vortagesverlusten leicht zu | Aktuelle Ölmarkt-News vom 27.10.2020

um 12:12 Uhr von Benjamin Stelse

Ölpreise - Entwicklungen am Ölmarkt

Nachdem bei den Rohölpreisen in der ersten Oktober-Hälfte ein übersichtlicher Aufwärtstrend abzulesen war, folgten bis vor einer Woche zunächst eine Stabilisierung am Rohölmarkt mit Preisschwankungen innerhalb eines äußerst schmalen Preiskorridors. Die Situation am Ölmarkt hat sich jedoch aufgrund von gleich mehreren Faktoren seit Anfang letzter Woche wieder verschärft, sodass die Aufwärtsbewegung der Rohölpreise nicht nur gestoppt wurde, sondern die Preise in den letzten fünf Werktagen jeweils kräftig um mehr als fünf Prozent nachgaben.

Zum Start in den heutigen Dienstag haben die Rohölpreise zunächst nicht an die Verluste der Vortage angeknüpft und stiegen am Morgen leicht an. Ein Barrel (159 Liter) der amerikanische Rohölsorte WTI (West Texas Intermediate) kostete am Morgen zunächst 38,9 $/b. Der Preis der für Europa relevanten Rohölsorte Brent notierte zum gleichen Zeitpunkt bei knapp 40,8 $/b. Beide Sorten stiegen am Morgen nahezu parallel um 0,3 Dollar/Barrel, sodass das von einigen Marktteilnehmern zu Wochenbeginn noch erwarteten Erreichen eines neuen Vier-Wochen-Tiefs zunächst verhindert werden konnte.

Auch wenn sich die bereits am frühen Morgen ablesbare Aufwärtsbewegung im Vormittagshandel vorerst bestätigte, kann am Rohölmarkt noch nicht von einer Gegenbewegung bzw. einer Stabilisierung der Rohölpreise gesprochen werden. Nachdem der Wechselkurs der Weltreservewährung Dollar aufgrund der steigenden Unsicherheit infolge der weltweit deutlich verschärfenden Corona-Lage zuletzt angezogen hatte, konnten die Ölpreise am Morgen von einem etwas schwächeren Wechselkurs profitieren. Da Rohstoffe wie Rohöl international in der Währung Dollar gehandelt werden, sinken die Importpreise von Ländern außerhalb des Dollarraums bei fallenden Wechselkursen.

Die Skepsis der Marktteilnehmer bezüglich einer nachhaltigen Erholung am Rohölmarkt ist unter anderem auf die allgemeinen Unsicherheiten und den daraus resultierenden Vorgaben der internationalen Finanzmärkte zurückzuführen. Nach wie vor ist für die genannte Unsicherheit die jüngste Entwicklung der Corona-Lage verantwortlich. Während die Corona-Neuinfektionen in den Sommermonaten in fast allen Wirtschaftsnationen nahezu konstant rückläufig waren, muss seit einigen Wochen von einer zweiten Corona-Welle gesprochen werden. In einigen Ländern sind die Auswirkungen der Pandemie bereits mit denen in der ersten Phase im Frühjahr zu vergleichen.

Prognosen und Aussichten beim Ölpreis

Aufgrund der aktuellen Corona-Lage sind die Auswirkungen bereits jetzt in vielen Nachbarländern Deutschlands zu spüren. Um die weitere Ausbreitung des Virus zu verlangsamen hat sich die Regierung Frankreichs dazu entschieden eine nächtliche Ausgangssperre in einigen französischen Metropolen wie Paris und Lyon zu verhängen. Noch drastischer sind die Maßnahmen in Tschechien. Aufgrund der zuletzt sprunghaft gestiegenen Corona-Zahlen gelten hier ab Donnerstag erweiterte Maßnahmen, die einem zweiten Lockdown gleichkommen. Laut der tschechischen Regierung seien die Maßnahmen zwingend erforderlich, um den Zusammenbruch des Gesundheitssystems zu verhindern.

Da in immer mehr Ländern über eine erneute Verschärfung der Corona-Sanktionen diskutiert wird, sind die kurzfristigen Folgen für die Weltwirtschaft aktuell nur sehr schwer einzuschätzen. Sicher ist hingegen, dass die Auswirkungen sowohl auf der Angebots-, als auch auf der Nachfrageseite zu spüren sein werden. Der Fokus des Ölmarktes liegt jedoch bei der Beeinträchtigung der zukünftigen Nachfrageaussichten. Aufgrund der sich wieder ausbreitenden Pandemie wächst aktuell auch der Druck auf die OPEC+. Eine zeitliche Ausdehnung der aktuellen Fördermengenbeschränkungen wird von vielen Marktteilnehmern inzwischen als zwingend notwendig und unumgänglich bezeichnet.

Neben den zuvor geschriebenen Entwicklungen in Bezug auf die Corona-Krise und deren aktuell nur schwer einzuschätzenden Auswirkungen auf die Entwicklung der Rohölnachfrage, belastet auch die ausstehende Einigung auf ein neues US-Konjunkturpaket weiterhin die Entwicklung der Ölpreise. Am Ölmarkt wird davon ausgegangen, dass die Einigung auf ein Hilfspaket die weltweit größte Volkswirtschaft stützen und somit auch die Rohölnachfrage in den USA stärken würde.

Eine Einschätzung zur weiteren Entwicklung der Rohölpreise fällt aktuell vergleichsweise schwer. Während die Notierungen in den letzten Tagen noch von einigen marktrelevanten Meldungen aus den USA beeinflusst wurden, ist aktuell davon auszugehen, dass es vor den US-Wahlen am nächsten Dienstag kein neues Stabilisierungspaket geben wird und somit dessen mögliche Einflussnahme vorerst entfällt. Die kurzfristige Entwicklung des Ölmarktes wird somit voraussichtlich maßgeblich von den weiteren Auswirkungen der Corona-Pandemie beeinflusst, die weiterhin einen globalen Rohölnachfrage befürchten lässt. Zusammenfassend spricht aktuell nur wenig für eine kurzfristige Stabilisierung des Ölmarktes.

Zurück