Ölpreise im Aufwind | Aktuelle Ölmarkt-News vom 05.05.2020

um 11:30 Uhr von Benjamin Stelse

Ölpreise - Entwicklungen am Ölmarkt

Die Entwicklung der Rohölpreise muss mit Blick auf die letzten Wochen als äußerst turbulent beschrieben werden. Nachdem der Future-Kontrakt der US-Ölsorte WTI vor rund zwei Wochen erstmals in der Geschichte des Ölmarktes ins Minus rutschte, sodass Käufer dafür bezahlt wurden, wenn Sie Öl abnahmen, folgte in den letzten Tagen eine regelrechte Aufwärts-Rally, die auch zu Beginn der neuen Woche weiter fortgeführt wurde. Ungewöhnlich ist aktuell auch, dass der jüngste Aufwärtstrend der Notierungen, aktuell kaum Einfluss auf die Preise für Heizöl zu haben scheint, da diese i.d.R. als wichtiger Indikator für die Entwicklung der Heizölpreise gelten.

Während die Rohölpreise in den zurückliegenden Monaten nahezu konstant unter Druck standen und sowohl die US-Ölsorte WTI als auch die europäische Sorte BRENT zwischenzeitlich auf die niedrigsten Stände seit 1999 fielen, sind die jüngsten Zuwächse bei beiden Rohölsorten bemerkenswert. So stieg der Preis der für Europa relevanten Sorte BRENT innerhalb einer Woche um 9,3 Dollar/Barrel (159 Liter) auf 28,4 $/b und somit um kräftige 48 Prozent. Die US-Sorte West Texas Intermediate (WTI) notierte am Dienstagmorgen bei 21,8 $/b und somit noch deutlichere 10,6 Dollar/Barrel höher als am Dienstag vor einer Woche, was einem Plus von rund 95 Prozent entspricht.

Auslöser für die über Wochen anhaltenden Preisrückgänge und die bis Anfang letzter Woche als „chaotisch“ beschriebenen Zustände am Ölmarkt war in erster Linie die Corona–Krise, sowie die daraus resultierenden Folgen für die Weltwirtschaft. So steht einem beispiellosen Nachfrageeinbruch aufgrund der anhaltenden Pandemie, weiterhin ein viel zu hohes Rohölangebot in Kombination mit fehlenden Lager- kapazitäten gegenüber. Nach den ersten Lockerungen des Corona-Lock-Downs, konnte sich die globale Nachfrage zuletzt etwas erholen.


Die sich andeutenden Stabilisierungstendenzen am Ölmarkt sind das Ergebnis von gleich mehreren Faktoren. Neben der leicht gestiegenen Nachfrage, zeigt der gestiegene Ölpreis der letzten Woche vor allem auf dem US-Markt Wirkung. Nachdem die Anzahl der amerikanischen Schieferöl-Förderanlagen auf den tiefsten Stand seit Anfang 2016 zurückgegangen ist, nahmen zuletzt eine Vielzahl von Bohranlagen ihre Arbeit wieder auf. Zurückzuführen ist dies auf die deutliche Steigerung des Rohölpreises, da die meisten Unternehmen erst ab einem Preis von rund 30 Dollar/Barrel gewinnbringend produzieren können.

Aufgrund der neusten Spannungen zwischen China und den USA blicken Teilnehmer nun auch wieder auf die weitere Entwicklung im Verhältnis der beiden größten Volkswirtschaften der Welt. Auch wenn eine erneute Eskalation zwischen den beiden Wirtschaftsmächten von Marktteilnehmern aktuell noch als unwahrscheinlich eingeschätzt wird, so zeigte bereits der vorherige Handelsdisput, dass beide Nationen durchaus dazu bereits sind, mit ernsthaften Konsequenzen für die eigene, aber auch die Weltwirtschaft leben zu können.

Auch wenn die Notierungen in der letzten Woche im zweistelligen Prozentbereich kletterten und sich die preistreibenden Effekte mehrten, überwiegen weiterhin die Indikatoren, die die Rohölpreise schnell wieder nach unten ziehen könnten. Trotz erster Fördermengen-Reduzierungen herrscht auf dem Ölmarkt weiterhin eine massive Überversorgung, die in den letzten Wochen die globalen Öllager bis an ihre Kapazitätsgrenzen gebracht hat. Bis diese Lagerbestände wieder abgebaut werden können, werden wohl mehrere Jahre vergehen. Eine kurzfristige Prognose fällt aufgrund der entgegengesetzten Indikatoren aktuell besonders schwer, wobei wir nicht davon ausgehen, dass die Notierungen in den nächsten Tagen die Aufwärts-Rally mit vergleichbare Steigerungsraten  weiter fortführen werden.

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