Ölpreise geben deutlich nach | Aktuelle Ölmarkt-News vom 14.07.2020

um 11:19 Uhr von Benjamin Stelse

Ölpreise - Entwicklungen am Ölmarkt

Mit dem Blick auf unseren Preischart wird deutlich, dass die seit Anfang Mai recht zurückhaltenden Preisschwankungen zuletzt in ihrer Intensität wieder deutlich zugenommen haben. Während die Preisbewegungen der Notierungen innerhalb eines äußerst schmalen Preiskanals in den letzten Wochen vor allem auf die gegenseitige Neutralisierung marktrelevanter Meldungen zurückzuführen war, führen die neusten Meldungen wieder zu deutlicheren Preisausschlägen. Anders als in den Vorwochen, als die Rohölpreise tendenziell nur den Weg nach oben kannten, deutet sich bei den Preisen aktuell der Übergang in eine Seitwärtsbewegung an.

Die Zunahme der Preisschwankungen wird auch anhand der Entwicklung der Rohölpreise am Dienstagmorgen deutlich. Zum Start in den heutigen Handelstag notierte die für Europa relevante Rohölsorte BRENT bei 41,9 $/b und die amerikanische Sorte West Texas Intermediate (WTI) bei 39,2 $/b. Wie so häufig in den letzten Wochen entwickelten sich die Preise der beiden Sorten mit einem Preisrückgang von 0,8 Dollar/Barrel erneut parallel zueinander. Nach der deutlichen Abwärtsbewegung von Ende der letzten Woche, ist das heutige Minus somit schon die zweite kräftige Abwärtsbewegung innerhalb weniger Tage.

Während die deutlichen Preisrückgänge von rund 1,3 Dollar/Barrel bereits zum Ende der Vorwoche auf mehrere marktrelevante Meldungen und deren Impulse zurückzuführen waren, führen auch heute mehrere preisdrückende Effekte zu den deutlichen Preisrückgängen bei beiden Rohölsorten. Auch wenn die heutigen Preisrückgängen sicher auch auf die Nachwirkungen der in der letzten Woche erneut deutlich gestiegenen US-Rohölbestände zurückzu- führen sind, verschiebt sich der Fokus der Marktteilnehmer aktuell auf das für Mittwoch geplanten Treffen des Opec-Komitees, auf dem über die Fördermengenpolitik der Mitgliedsstatten ab Anfang August beraten wird.

Nachdem die ursprünglich bis Ende Juni geplante Fördermengendrosselung im Mai um einen weiteren Monat verlängert wurde, um der damaligen Aufwärtsbewegung der Rohölpreise weiteren Antrieb zu verleihen, deutet sich einen Tag vor Beginn des aktuellen Opec-Meetings an, dass die Drosselung um bis zu 10 Mio. Barrel/Tag nicht erneut verlängert werden wird. Aktuell gehen Marktteilnehmern davon aus, dass die zuvor massiv reduzierten Mengen ab August nicht in voller Höhe gefördert werden, die Förderung jedoch mit geschätzt zwei Mio. Barrel pro Tag wieder deutlich steigen wird.

Entwicklung Ölpreise, Rohölpreise, Ölnotierungen



Doch die zu Beginn des kommenden Monats erwarteten Mehrmengen am Markt ist nicht die einzige Meldung, die eine Fortsetzung der Erholungstour der Notierungen vorerst verhindern. Neben der erwarteten Entwicklung der zukünftigen Angebotsmengen, führt auch die immer angespann- tere Lage in Bezug auf die weiter steigenden Corona-Infektionszahlen in den USA für Nervosität am Ölmarkt. Während in den letzten Wochen mehrere US-Bundesstaaten noch meldeten, dass die aktuellen Infektionszahlen eine weitere Lockerung der bisherigen Corona-Restriktionen verhindern würden, hat die neuste Entwicklung der Neuansteckungen dazu geführt, dass in Kalifornien die Einschränkungen sogar wieder verschärft werden mussten.

Neben der verschärften Corona-Problematik in den USA, führen auch die jüngsten Spannungen zwischen den beiden Wirtschaftsmächten China und USA zu der aktuell trüben Anlegerstimmung an den führenden Finanzmärkten. Nachdem China Gebietsansprüche und die damit verbundenen Ansprüche auf Offshore-Ressourcen in einem Großteil des Südchinesischen Meers aussprach, hat die US-Regierung sämtliche Ansprüche formell zurückgewiesen. Der Territorialstreit führte nicht nur zu Kursverluste an den internationalen Börsen, sondern setzte auch die Ölpreise unter Druck und zog die Notierungen mit nach unten.

Wie anhand der Entwicklung der Rohölpreise in den letzten Tagen deutlich wird, war die zu Beginn der letzten Woche von uns beschriebene Einschätzung der trügerischen Ruhe am Ölmarkt berechtigt. Neben der Zunahme an marktrelevanten Meldungen mit kurzfristiger Einflussnahme auf die Rohölpreise, hat zuletzt auch die Verunsicherung bezüglich der mittel- bis langfristigen Entwicklung des Marktes bei den Marktteilnehmern merklich zugenommen. Da sowohl auf der Angebots- als auch auf der Nachfrageseite eine Vielzahl von potenziellen Gefahren bestehen, ist auch eine weitere Verschärfung der aktuell angespannten Lage möglich und der Übergang in eine anhaltende Abwärtsbewegung kann nicht ausgeschlossen werden.

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