Ölpreise erreicht Vor-Corona-Niveau | Aktuelle Ölmarkt-News vom 18.12.2020

um 10:04 Uhr von Benjamin Stelse

Ölpreise - Entwicklungen am Ölmarkt

Zum Start in den Handelstag haben die Preise beider Rohölsorten das erste Mal seit Dienstag leicht nachgegeben. Während die US-Sorte West Texas Intermediate (WTI) am Morgen bei 48,2 $/b notierte und damit um 0,2 Dollar/Barrel sank, gab der Preis für ein Fass der für Europa relevanten Rohöl-Sorte Brent nur unwesentlich deutlicher um 0,3 Dollar/Barrel auf 51,3 Dollar/Barrel nach. Trotz der frühmorgendlichen Preisrückgänge befinden sich die Rohölpreise weiterhin in der Nähe ihrer gestrigen Höchststände, sodass eine Gegenbewegung mit wieder steigenden Preisen ist im Laufe des Handelstages aufgrund der Vorgaben der Finanzmärkte nicht auszuschließen ist.

Nachdem sich die Rohölpreise seit Anfang November in einem nahezu konstanten Aufwärtstrend mit teilweise deutlichen Preisaufschlägen befunden hatten, sind die Preissteigerungen in der zurückliegenden Woche deutlich übersichtlicher ausgefallen. Zwischen Montag und Donnerstag bewegten sich die Notierungen innerhalb eines äußerst schmalen Preiskorridors von weniger als zwei Dollar/Barrel. Auch wenn der jüngste Trend in den letzten Tagen deutlich übersichtlicher ausfiel als zuvor, konnten die Preise beider Rohölsorten im Laufe des gestrigen Handelstages jeweils den höchsten Stand seit der ersten Corona-Welle im Frühjahr erreichen. Zum Start in den heutigen Freitag wurde zwar ein Teil der vorherigen Gewinne wieder abgegeben, doch auf Wochensicht bleibt ein leichtes Plus bestehen.

Während der Preis der europäischen Rohölsorte Brent in der Vorwoche die für viele Marktteilnehmer so wichtige 50-Dollar-Marke erreicht hat, wurde die Marke auch im Wochenverlauf nur noch einmal zum Start in den Handelstag am Montag kurzfristig abgegeben. In den Vorwochen hat der Preis bereits mehrmals versucht die Marke zu überschreiten, jedoch scheiterte der Versuch nahezu immer oder die Marke wurde im Laufe desselben Handelstages wieder abgegeben. Der Kurs befindet sich nun schon seit mehreren Tagen bei mehr als 50 Dollar je Barrel und es kann davon ausgegangen werden, dass der Brent-Preis auch in den kommenden Tagen die Marke halten wird. Da auch der Preis der amerikanischen Sorte zuletzt auf über 48 Dollar/Barrel gestiegen ist, könnte sogar die US-Sorte zeitnah die 50-Dollar-Marke „ins Visier“ nehmen.

Gestützt wird diese Annahme nicht nur von der deutlich verbesserten Stimmung an den internationalen Finanzmärkten, sondern auch von gleich mehrere preistreibende Faktoren. Allen Voran triebt die Hoffnung auf eine baldige Eindämmung der Corona-Pandemie die Preise weiter nach oben. Nachdem in Großbritannien bereits in der Vorwoche der Zulassungsprozess des Corona-Impfstoffes nach einem Tag beendet wurde, und auch in den USA und in Kanada die Impfungen per „Notzulassung“ in dieser Woche begonnen haben, wurde seitens des europäischen Impfinstitutes EMA jüngst zugesagt, dass die Zulassung noch vor dem Jahreswechsel erfolgen wird. Der Druck auf die Behörde nahm zuletzt auch auf politischen Ebene zu, allen voran durch den deutschen Gesundheitsminister Jens Spahn.

Prognosen und Aussichten beim Ölpreis

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Das Anliegen des deutschen Gesundheitsministers ist angesichts der jüngsten Entwicklung der Pandemie in Deutschland durchaus nachvollziehbar. Trotz eines „Lockdown light“ seit Anfang November und den zuletzt nochmals massiv verstärkten Maßnahmen, sind die aktuellen Corona-bezogenen Zahlen mehr als nur besorgniserregend. Mit mehr als 30.000 Neuinfektionen und fast 1.000 Todesfällen innerhalb von 24 Stunden, wurden heute neue traurige Höchststände erreicht. Angesichts der immer weiter steigenden Fallzahlen wird bereits deutlich, dass der zunächst bis zum 10. Januar 2021 angesetzte „harte Lockdown“ voraussichtlich nicht den erhofften Erfolg zeigen wird. Unter Experten und Virologen verstärkte sich zuletzt die Meinung, dass der Lockdown voraussichtlich noch mehr als zwei Monate anhalten müsste, um eine sichtliche Besserung der Lage in Deutschland erreichen zu können.

Angesichts der Verschärfung der Corona-Maßnahmen wurde der Optimismus in Bezug auf die Impfstoffzulassung leicht gedämpft. Wirtschafts-vertreter können die Notwendigkeit der Verschärfung aufgrund der jüngsten Corona-Entwicklung nachvollziehen, jedoch kam zuletzt Kritik bzgl. der bisherigen Dauer auf. Die Kombination aus „Lockdown light“ zwischen Anfang November und Mitte Dezember, sowie dem mindestens bis Mitte Januar geltenden harten Lockdown, dämpfen neben den wirtschaftlichen Aussichten auch die Erwartung der Rohöl-Nachfrage. Der erwartete Nachfragerückgang hat sowohl die Organisation erdölexportierender Länder (Opec), als auch die Internationale Energieagentur dazu veranlasst ihre Prognosen für die globale Rohöl-Nachfrage für das erste Quartal des kommenden Jahres deutlich nach unten zu korrigieren.

Trotz zuletzt weniger deutlich steigender Rohölpreise, der Verschärfung der Corona-Maßnahmen, sowie der deutlich gesenkten Prognosen für das erste Quartal des kommenden Jahres, deutet aktuell viel darauf hin, dass die Erholungsrallye der Rohölpreise auch in den nächsten Tagen und Wochen weiter fortgesetzt werden kann. Auch wenn die Rohölpreise fast ein dreiviertel Jahr benötigt haben, um das „Vor-Corona-Niveau“ zu erreichen, könnten die gestrigen Höchststände der Notierungen nur eine Zwischen-Etappe sein. Entscheidend für die weitere Erholung des Rohölmarktes dürfte im Wesentlichen vom Fortschritt in Bezug auf die weltweite Durchimpfung abhängen. Sollte die Impfungen in dem Rahmen durchgeführt werden wie aktuell geplant, könnte der Effekt auf dem Rohölmarkt bereits zeitnah zu spüren sein.

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