Ölpreise deutlich angestiegen – EU-Embargo für russisches Rohöl? | Aktuelle Ölmarkt-News vom 06.05.2022

um 10:31 Uhr von Akif Sahin

Ölpreise - Entwicklungen am Ölmarkt

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Die Ölpreise haben sich seit Mittwoch deutlich nach oben entwickelt und halten auch heute das hohe Niveau zunächst aufrecht und konnten sogar leicht zulegen. Die EU-Kommission hatte am Mittwoch empfohlen, eine schrittweise Loslösung von russischem Rohöl zu vollziehen. Das Embargo soll bis zum Ende des Jahres eintreten. Der Vorschlag sieht auch Ausnahmen für einzelne Länder vor, die massiv in Abhängigkeit von der russischen Versorgung stehen. Die EU-Länder sind jetzt gefordert, einen gemeinsamen Entschluss zu fassen. Dieser gilt nicht als sicher. Ein Fass der leichten US-Sorte WTI notiert aktuell bei 108,53 $ und Brent kostet 111,24 $ je Fass.

Uneinig sind sich die Experten und auch unsere Redaktion über die Frage, wie stark die Auswirkungen eines EU-Embargos für Rohöl sich auf die Verbraucher auswirken wird. Dass es kurzfristig zu höheren Ölpreisen und auch bei den Fertigprodukten wie Benzin, Diesel und Heizöl kommen könnte, schließt niemand aus. Allerdings müssen die Preise für Rohöl auf mittlere und längere Sicht nicht hoch bleiben. Es geht um Fragen der Alternativen, aber auch um Fragen nach Bedarf und konjunkturellen Rezessionen. Niemand kann aktuell sichere Voraussagen treffen, wie es weitergeht. Auch ist unklar, wie sich Russland verhalten wird. Putin könnte auch von sich aus einen Lieferstopp beschließen.

Gestern jedenfalls zeigten sich die erdölexportierenden Länder und Russland unbeeindruckt vom Vorschlag der EU-Kommission. Die OPEC+ hat ihre bisherige Strategie bestätigt und fährt die Förderung erneut nur um die bisher bekannten Mengen hoch. Dabei verwies die OPEC auf die generelle Entwicklung der Weltkonjunktur und der weiterhin belastenden Situation durch die Corona-Pandemie. Es steht für Beobachter fest, dass sich die USA und die EU nicht auf die OPEC-Staaten verlassen können, wenn es um Alternativen für russisches Rohöl auf dem Weltmarkt geht. Selbst der Iran könnte, angesichts der festgefahrenen Gespräche über das Atomprogramm, nicht als Ersatz einspringen und Venezuela konnte die bisher in das Land gesetzten Hoffnungen nicht erfüllen.

Prognosen und Aussichten beim Ölpreis

Alternativen wird es aber brauchen, wenn man auf russisches Rohöl verzichten möchte und dennoch den Energiehunger von Industrie und Co. befriedigen will. Denn die Ankündigung für einen Importstopp für russisches Rohöl hat die Preise, trotz des globalen Nachfragerückgangs, weiter steigen lassen. Die No-Covid-Strategie Chinas belastet dabei nicht nur die Nachfrage in dem Land. Aufgrund neuer Engpässe in den Produktionsketten wirken sich Lockdowns, insbesondere in Hafengebieten, auf die globale Konjunktur aus. Der Chipmangel lässt erneut grüßen.

Und auch die US-Bestände in den Öllagern konnten am Auftrieb der Ölpreise zunächst nichts ändern. Die US-Energiebehörde (DOE) meldete einen deutlich höheren Aufbau bei Rohöl (+ 1,3 Mio. Barrel) als erwartet. Bei den Mitteldestillaten (- 2,3 Mio. Barrel) und Benzin (- 2,2 Mio. Barrel) gab es hingegen deutliche Abbauten. Hier dürfte auch eine wichtige Rolle die aktuellen Nachwirkungen von extremen Wetterverhältnissen eingenommen haben. Die USA haben außerdem angekündigt, ab Herbst ihre strategischen Reserven wieder füllen zu wollen. In den letzten Wochen hat das Land deutlich mehr aus seinen Beständen auf den Markt gebracht, um die Ölpreise zu drücken. Mit der Fahrsaison dürften die Bestände an Benzin und Diesel insgesamt deutlich weiter abbauen.

Sorgen bereitet auch immer mehr die Inflation im gesamten Euroraum. Zuletzt hat sich abgezeichnet, dass auch die Europäische Zentralban (EZB) Zinserhöhungen vornehmen muss. Nachdem die US-Notenbank FED ihre Leitzinsen gestern um deutliche 50 Basispunkte erhöht hat, wird jetzt für den Euroraum mit einer ersten Zinsanhebung ab Juli gerechnet. Dabei steht die EZB unter Druck. Zum einen muss sie handeln, um die Inflation in den Griff zu bekommen, zum anderen darf sie aber auch nicht zu straff in ihrer Geldpolitik sein, um eine Rezession zu verhindern.

Für Verbraucher bleiben die aktuell sehr hohen Ölpreise weiterhin Gift. Die Heizölpreise bleiben auf hohem Preisniveau. Die Spritpreise und Benzinpreise bleiben teuer. Die hohen Preise für Diesel, Benzin und Heizöl haben mit dazu beitragen, dass die Inflationsrate in Deutschland auf 7,4 Prozent gestiegen ist. Auch die Lebensmittelpreise sind zuletzt deutlich angestiegen. Unabhängig davon zeichnet sich aber auch ab, dass neben Lebensmittel und Energie auch alles andere deutlich teurer geworden ist. Deutsche Zentralbanker fordern daher eine schnelle Anhebung der Zinsen.

Zum Schluss noch der Blick auf den US-Dollar. Der €uro notiert aktuell bei 1,0536 USD. Öl wird traditionell in US-Dollar gehandelt. Ein schwacher Dollar-Kurs verbilligt den Import von Rohöl und erhöht die Nachfrage. Ein starker Dollar-Kurs verteuert den Import von Rohöl und senkt die Nachfrage. Der Dollar ist aktuell so stark, wie zuletzt vor zwanzig Jahren. Hier spielt auch eine Rolle, dass die USA bereits die Zinswende vollzogen haben und weiter straffen. Außerdem hat der Dollar als Krisenwährung deutlichen Zulauf. Der Euro hingegen notiert weiterhin auf einem schwachen Niveau. Bald könnte Parität herrschen, wenn die EZB nicht gegensteuert. Die Nachfrage nach Rohöl wird aktuell stark belastet.

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