Ölpreise bewegten sich in verschiedene Richtungen | Aktuelle Ölmarkt-News vom 03.07.2018

um 08:45 Uhr von Stefan Schmellekamp

Ölpreise - Entwicklungen am Ölmarkt

Nachdem die Ölpreise am Montag insgesamt unter Druck geraten waren, legten die Rohöl-Leitsorten am Dienstagmorgen unterschiedlich stark zu. Bei der Nordsee-Ölsorte BRENT reichte das Plus nicht aus um in die Gewinnzone zu drehen, so dass BRENT auf den heutigen Dienstag um 0,4 $/b nachgab und am Morgen bei 77,9 Dollar/ Barrel gehandelt wurde. Die US-Ölsorte WTI legte hingegen um 1,3 $/b und notierte am Dienstagmorgen mit 74,7 Dollar/Barrel auf einem neuen Dreieinhalb-Jahreshoch.

Die amerikanische Rohöl-Leitsorte WTI wird zurzeit stärker gestützt als die europäische Leitsorte BRENT. Lieferausfälle auf einem großen kanadischen Ölfeld bei Fort McMurray, durch die es bis Ende Juli zu einem Angebotsausfall von gut 0,3 Mio. Barrel pro Tag kommt, treffen den US-Ölmarkt zur Hauptreisezeit hart. Zudem schwächelte der US-Ölmarkt, auch weil es an Pipelinekapazitäten mangelt.

Selbst wenn US-Schieferölförderer bei den aktuellen Ölpreisen mehr fördern wollten, bekämen sie das geförderte Öl nicht abtransportiert. Daher stagnierte die US-Ölförderung zuletzt und die Ölbohraktivitäten hingen leicht zurück. Die US-Öllagerbestände fielen mit gut 775 Mio. Barrel sogar auf tiefsten Stand seit rund dreieinhalb Jahren. Die neuen offiziellen Daten vom US-Ölmarkt werden in dieser Woche, aufgrund eine Feiertages, erst am Donnerstagnachmittag veröffentlicht.

Die europäische Leitsorte BRENT wird zurzeit durch die Lage in Libyen, dem ölreichsten afrikanischen Land, welches sein Öl vor allem nach Europa exportiert, gestützt. In dem seit Jahren anhaltenden Bürgerkrieg des Landes kommt es wieder zu Problemen mit der den Ölexporten, weil regionale Rebellengruppen Anlagen zur Ölförderung, -Transport oder Export einnehmen.

Häufig kann die libysche „Zentralregierung“ diese Anlagen wieder freikaufen, doch im aktuellen Fall scheinen die Rebellen nicht von den eroberten Ölexporthäfen abziehen zu wollen. Im Gegenteil wollen die Rebellen das Öl nun selber auf dem Weltmarkt verkaufen, doch die bisherigen Ölabnehmer in Europa lehnen Geschäfte mit den Rebellen ab. In Folge des Konfliktes könnte das weltweiten Ölangebots um mehr als 0,5 Mio. Barrel zurückgehen und besonders für Europa drohen beträchtliche Lieferausfälle.

Für den gesamten Weltölmarkt ist das Thema Iran wieder stark in den Fokus gerückt, nachdem US-Präsident Trump gefordert hatte, dass alle Länder den US-Sanktionen folgen und ihre Erdöleinfuhren aus dem Iran bis November dieses Jahres vollständigen einstellen. Für den Ölmarkt ergeben sich daraus direkt mehrere Risiken, die zu einem Anstieg der Ölpreise führen können.

Marktentwicklung Ölpreise, Ölnotierungen

 

Einerseits würden der Regionalmacht Iran die Haupteinnahmequelle genommen, was das Land mit dem Rücken zur Wand stellt und eine Eskalation der zahlreichen Konflikte im Nahen Osten zur Folge haben könnte. Grundsätzlich führen militärische Auseinandersetzungen im ölreichen Nahen Osten zu Risikoaufschlägen bei den Ölpreisen. Darüber hinaus würde der vollständige Stopp der iranischen Ölexporte auch ganz faktisch zu einem massiven Angebotsdefizit auf dem Weltölmarkt führen.

Um einem sanktionsbedingten Angebotsdefizit auf dem Weltölmarkt entgegenzuwirken setzt US-Präsident Trump auf Saudi-Arabien. Zuletzt hatte der saudische König Salman zugesichert, dass sei Land wenn nötig auch auf seine ständig vorhandene Reservekapazität von etwa zwei Millionen Barrel zurückgreifen wolle, um die Stabilität auf den Ölmärkten zu gewährleisten.

Damit könnte weitere Förderausfälle kompensiert werden, doch wie schnell und wie lange Saudi-Arabien mit einem solchen Schritt die Ölpreise stabilisieren könnte, bleibt fraglich. Daher stellte ein Vertreter des US-Energieministeriums den Ländern, die Öl aus dem Iran importieren, zuletzt auch einen langsameren und schrittweisen Ausstieg von iranischen Öleinfuhren in Aussicht. Dies sorgte vor allem bei der europäischen Ölsorte BRENT für Entspannungssignale.

Insgesamt ist die angekündigte Fördererhöhung der OPEC und Russlands, angesichts der zurzeit zu befürchtenden Förderrückgänge, schnell verpufft und die ohnehin schon angespannte Angebotslage auf dem Ölmarkt könnte zum Jahresende in eine deutliche Unterversorgung übergehen. Zwar hängt der Handelskonflikt zwischen den USA und anderen wichtigen Wirtschaftsräumen weiterhin wie ein Damokles-Schwert über der Weltwirtschaft und somit auch den Ölpreisen, doch wenn der Iran als Öllieferant vollständig ausfallen sollte, werden die preistreibenden Impulse den Ölmarkt bald eindeutig dominieren. Spätestens im Herbst könnten sich die Ölpreise dann auf neue Langzeithöchststände empor schwingen, doch vermutlich wird dies sogar noch deutlich schneller passieren.

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