Ölpreise beenden Erholungtour vorerst | Aktuelle Ölmarkt-News vom 17.07.2020

um 11:14 Uhr von Benjamin Stelse

Ölpreise - Entwicklungen am Ölmarkt

Die Rohölpreise unterlagen in den zurückliegenden Tagen im Vergleich zu den Vorwochen ungewöhnlich vielen Preisschwankungen in Bezug auf die Häufigkeit an den einzelnen Handelstagen. Genauso wie die internationalen Finanzmärkte, wird derzeit auch der Ölmarkt von gegenläufigen Kräften beeinflusst, sodass keine eindeutige Richtung bei der Entwicklung der Notierungen ersichtlich ist. Mit dem Blick auf unseren Preis-Chart wird deutlich, dass die nahezu ununterbrochene Erholungstour der Rohölpreise erst zur Mitte der Woche vorerst gestoppt wurde.

Während die Notierungen in den letzten Wochen nach Preisrückgängen häufig bereits am Folgetag zurück in die Aufwärtsbewegung übergingen, haben die Rohölpreise am heutigen Freitag die Verluste des Vortages weiter ausgeweitet. Zum Start in den Handelstag notierte die für Europa relevante Rohölsorte BRENT bei 43,2 $/b und die amerikanische Sorte WTI bei 40,7 $/b. Wie so häufig in den letzten Wochen entwickelten sich die Preise der beiden Sorten mit einem Minus von 0,1 bzw. 0,2 Dollar/Barrel auch heute Morgen fast parallel zueinander. Abgesehen von einem kurzfristigen Ausreißer am Dienstagmorgen, notieren beide Rohölpreise in dieser Woche konstant über der für viele Anleger wichtigen 40 Dollar – Marke.

Wie bereits zuvor beschrieben, wurde die Entwicklung der Rohölpreise in den letzten Tagen von gleich mehreren marktrelevanten Meldungen beeinflusst, wobei diese zu keinem Zeitpunkt zu einem eindeutigen Richtungseinschlag führten und die Notierungen in einen vorerst als kurzfristig einzuschätzenden Seitwärtsbewegung übergegangen sind. Trotz des Übergangs in die Seitwärtsbewegung wird der vorherige Aufwärtstrend weiter fortgesetzt. Der Trend wird auch anhand der gestrigen Kursstände deutlich, da sowohl die Ölsorte BRENT, als auch die US-Sorte West Texas Intermediate (WTI) am gestrigen Morgen auf die höchsten Stände seit März kletterten.

Anders als zu erwarten wäre, sorgt die nahezu unterbrochene Fortsetzung des Aufwärtstrends selbst unter Marktteilnehmern für Skepsis. Hintergrund des Ausbleibens einer durchweg optimistischen Haltung zur weiteren Erholung der Rohölpreise, sind eine Vielzahl von preisbelastenden Faktoren, die kurzfristig zu einer Gegenbewegung und damit verbundenen sinkenden Preisen führen könnten. Die heutigen Preisrückgänge sind im Wesentlichen auf die schlechtere Stimmung an den internationalen Finanzmärkten zurückzuführen, sodass riskante Anlagen wie Rohöl mit nach unten gezogen werden.

Neben der als kurzfristigen zu bezeichnenden Einflussnahme der Stimmungsschwankungen an den Börsen, werden die Notierungen weiterhin von der Entwicklung der Corona-Pandemie beeinflusst. Auffällig sind hierbei neben den bereits bekannten „Hotspots“ in Nord- und Südamerika auch Länder außerhalb dieser Kontinente. In den Fokus der Marktteilnehmer rückt hierbei insbesondere Indien, da dort und in den USA gestern neue Rekordwerte in Bezug auf die Zahl der Neuinfektionen bekanntgegeben wurden. Speziell in den USA steigt die Sorge, dass die aktuelle Entwicklung zu einem abrupten Stopp der zuletzt angelaufenen Erholung der Wirtschaft führen könnte. Ein Indikator hierfür ist, dass die aktuellen Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe in den USA deutlich höher ausfielen als erwartet.

Auch die am Mittwoch veröffentlichte Ankündigung der in der Opec+ zusammengefassten Ölstaaten über eine deutliche Mengenerhöhung von zwei Millionen Barrel pro Tag ab Anfang August hatte zur Wochenmitte eine preisdrückende Wirkung auf die Notierungen. Der Einfluss der Ankündigung blieb jedoch im überschaubaren Rahmen, da zum einen bereits vor der Bekanntgabe mit einer Erhöhung der Produktion gerechnet wurde, und zum anderen die angekündigte Anpassung der Fördermengen deutlichen niedriger ausfiel als zuvor erwartet. Die weltweite Förderung bleibt somit auch im August weiterhin unter dem Niveau, das noch vor der Corona-Krise vorhanden war.

Doch den zuvor beschriebenen preisdrückenden Meldungen standen auch eine Vielzahl von Nachrichten gegenüber, deren Effekte den Rohölpreisen in dieser Woche Auftrieb verliehen. Hierzu zählen neben der gestiegenen Hoffnung auf eine schnellere konjunkturelle Stabilisierung nach der Corona-Krise, vor allem die aktuelle Entwicklung der US-Lagerbestände in dieser Woche. Während die Rohölbestände noch vor drei Wochen auf ein neues Rekordniveau stiegen und dieses letzte Woche erneut bestätigt wurde, zeigte der kräftige Mengenrückgang von mehr als 7,5 Mio. Barrel am Mittwochnachmittag eine stützende Wirkung auf die Preise.

Anhand der Häufung von marktrelevanten Meldungen wird sehr deutlich, dass die von uns in den letzten Wochen mehrfach beschriebene Ruhe am Ölmarkt berechtigterweise als „trügerisch“ bezeichnet wurde. Der aktuelle Übergang vom nahezu ununterbrochenen Aufwärtstrend in eine Seitwärtsbewegung wurde zuvor von vielen Marktteilnehmern bereits erwartet. Es bleibt jedoch vorerst abzuwarten, ob die Seitwärtsbewegung erneut in einen Trend übergeht und wenn ja, in welche Richtung dieser zeigen wird. Wir gehen aktuell davon aus, dass sowohl die weitere Entwicklung der Corona-Pandemie, als auch die Stimmungsschwankungen der Anleger an den Finanzmärkten einen entscheidenden Einfluss auf die kurzfristige Entwicklung der Rohölpreise haben wird.

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