Leichte Gegenbewegung bei den Ölpreisen | Aktuelle Ölmarkt-News vom 19.07.2018

um 09:01 Uhr von Stefan Schmellekamp

Ölpreise - Entwicklungen am Ölmarkt

Nach der kräftigen Talfahrt der vergangenen Tage haben die Ölpreise am gestrigen Handelstag zu einer leichten Gegenbewegung angesetzt. Die Nordsee-Ölsorte BRENT legte auf den heutigen Donnerstag um 1,0 $/b zu und wurde am Morgen bei 71,7 Dollar/ Barrel gehandelt. Damit steht BRENT aktuell rund neun Prozent unter dem Langzeithoch von Ende Mai, aber auch knapp 50 Prozent über dem Preis von vor einem Jahr. Die US-Ölsorte WTI kletterte ebenfalls um 1,1 $/b und notierte am Donnerstagmorgen bei 68,7 Dollar/Barrel.

Gestern Nachmittag gab das US-Energieministerium die neuen Daten zum dortigen Ölmarkt bekannt und wie erwartet, fielen diese leicht preisdrückend aus. So war bei den gesamten US-Öllagerbeständen ein leichter Anstieg um 2,3 auf gut 768 Mio. Barrel zu verzeichnen. Zwar war bei den Lagerbeständen der Ölprodukte (Heizöl, Diesel und Benzin) ein Abbau von 3,6 Mio. Fass feststellbar, dafür legten jedoch die Rohöllager um 5,9 Mio. Barrel zu. Weiterhin liegen die US-Öllager somit knapp über dem tiefsten Stand seit gut dreieinhalb Jahren und der US-Ölmarkt bleibt hinter den Erwartungen zurück, die Marktbeobachter im vergangene Jahr in diesen als preisstabilisierendes Element gesetzt hatten.

Nachdem die Ölpreise innerhalb von einem Jahr einen fast unaufhaltsamen Höhenflug mit einem Plus von knapp 80 Prozent hingelegt haben, macht besonders die US-Regierung zurzeit Druck, was die weitere Entwicklung der Ölpreise anbelangt. Sogar ein Rückgriff auf die nationalen Öl-Notreserven steht im Raum um weiter steigende Ölpreise zu verhindern. Der Grund für eine solch drastische Maßnahme ist darin zu finden, dass in den USA noch in diesem Jahr die Kongresswahlen anstehen. Steigende Benzinpreise werden von den Amerikanern nicht gerne gesehen und sorgen besonders bei den republikanischen Wählern für schlechte Stimmung.

Diesem Umstand könnte es auch geschuldet sein, dass sich Trump zuletzt häufiger über zu hohe Ölpreise beschwert und Unterstützung aus Saudi-Arabien eingefordert hat. Zudem wurde einigen Ländern zuletzt auch ein seichterer Ausstieg aus den Iran-Ölimporten von Seiten der US-Administration angeboten. Sollten die USA ihre harte Linie gegen den Iran aufgeben, würde dies die Ölpreise wohl weiter unter Druck setzen. Besteht die US-Regierung jedoch darauf, dass alle Ländern ihre Ölimporte aus dem Iran bis November dieses Jahres stoppen, so droht dem Weltölmarkt eine Unterversorgung, was die Preise beflügeln könnte.

 

 

Zum Thema Iran-Sanktionen, dem vielleicht wichtigsten Thema für die Entwicklung der Ölpreise in der zweiten Jahreshälfte, kamen auf dem jüngsten Gipfeltreffen von US-Präsident Trump und Russlands Staatschef Putin leider keine Aussagen. Russland unterstützt den Iran, will das Atomabkommen verlängern und plädiert, wie die EU gegen ein Ölembargo. Die USA haben den Iran jedoch als Gegner ausgemacht und sich stärker mit Saudi-Arabien verbündet. Als Gegenleistung für das harte Vorgehen gegen den Erzrivalen Iran hat Saudi-Arabien bereits angekündigt, dass man den Weltölmarkt, im Falle eines Ölembargos, durch Reservekapazität stabilisieren werde.

Auch jetzt schon hat Saudi-Arabien seine Ölexporte spürbar erhöht und fördert mit rund 10,7 Mio. Barrel pro Tag zurzeit so viel Rohöl wie noch nie. Zudem soll das Königreich einigen Handelspartnern zurzeit Extra-Rohöllieferungen anbieten, die über die vertraglich festgesetzten Mengen hinaus angehen und für die Saudi-Arabien wohl auf seine eigene Reserve zurückgreifen muss.

Zuletzt hatte auch der russische Energieminister angedeutet, dass man die Ölproduktion stärker anheben könnte, als von den Ländern auf dem letzten OPEC-Treffen vereinbart wurde. Insgesamt mehren sich somit zurzeit die Signale, die für eine Ausweitung des globalen Rohölangebotes sprechen. Diese Signale und auch der eindeutig erkennbare Wille der US-Regierung die Ölpreise zu senken, sorgt dafür, dass zurzeit auch vermehrt Spekulanten abspringen, die zuvor auf einen Ölpreisanstieg gesetzt haben.

Ein weiterer Faktor, der die Ölpreise zuletzt unter Druck gesetzt hatte, war die Zuspitzung im Handelsstreit zwischen den USA und China. Dort hatte sich zuletzt zwar eine Entspannung der Lage angedeutet, doch noch fällt es schwer einzuschätzen, ob es sich hierbei nur um ein Zwischenhoch im Zuckerbrot und Peitsche-Spiel des US-Präsidenten handelt oder ob ein weltweiter Handelskonflikt abgewendet werden kann.

Klar ist, dass der jüngste Rückgang der Ölpreise wohl wenig nachhaltig sein wird, denn die aktuellen ergriffenen Maßnahmen sind eher von kurzfristiger Natur. Von Investmentbanken ist zu vernehmen, dass die Lage am Ölmarkt zurzeit unklar sei, besonders weil mit dem möglichen Anzapfen der US-Notölreserven eher unübliche und politische Markteingriffe berücksichtigt werden müssten. Auch wenn sich die Angebotslage in Libyen zuletzt etwas entspannt hat, so sehen dennoch wenige Analysten die BRENT-Notierungen unter die 70-Dollar-Marke fallen.

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