Ölpreise zogen sprunghaft an | Aktuelle Ölmarkt-News vom 28.06.2018

um 09:13 Uhr von Stefan Schmellekamp

Ölpreise - Entwicklungen am Ölmarkt

Das zuvor viel beachtete OPEC-Meeting ist gefühlt schon lange wieder Vergangenheit, denn in dieser Woche haben sich die Ereignisse am Ölmarkt überschlagen. Nach dem zurückhaltenden Beschluss der OPEC und Russlands, die Ölförderung um eine Million Barrel pro Tag anzuheben, jagt eine preistreibende Nachricht die Nächste. Zum Wochenstart forderte US-Präsident Trump, dass alle Länder ihre Ölimporte aus dem Iran bis November dieses Jahres auf Null reduzieren sollen und am gestrigen Handelstag fielen die neuen Zahlen vom US-Ölmarkt eindeutig preistreibend aus.

Nach dem zuvor bereits deutlichen Anstieg legten die Ölpreise erneut sprunghaft zu. Die Nordsee-Ölsorte BRENT kletterte um weitere 0,9 $/b und wurde am Donnerstagmorgen bei 77,4 Dollar/Barrel gehandelt. Die US-Ölsorte WTI zog erneut um kräftige 1,7 $/b an und notierte am Morgen mit 72,5 Dollar/Barrel auf einem Monatshoch.

Im Mai hatte die US-Regierung beschlossen aus dem Atomabkommen mit dem Iran auszusteigen, was damals schon zu einem spürbaren Anstieg der Ölpreise geführt hatte. Ein noch stärkerer Ausbruch nach oben wurde jedoch zunächst verhindert, weil die EU und Russland eine Lösung finden wollten, dass iranische Atomabkommen am Leben zu halten. Durch den jüngsten Vorstoß von US-Präsident Trump dürfte dies nun deutlich schwerer werden.

Der Regionalmacht Iran würde die Haupteinnahmequelle genommen, was das Land mit dem Rücken zur Wand stellt und eine Eskalation der zahlreichen Konflikte im Nahen Osten zur Folge haben könnte. Für den Ölmarkt ergeben sich daher direkt mehrere Risiken, die zu einem Anstieg der Ölpreise führen. Einerseits führen zunehmende militärische Auseinandersetzungen im ölreichen Nahen Osten stets zu Risikoaufschlägen bei den Ölpreisen und darüber hinaus würde der vollständige Stopp der iranischen Ölexporte auch ganz faktisch zu einem massiven Angebotsdefizit auf dem Weltölmarkt führen.

Die angekündigte Fördererhöhung der OPEC und Russlands ist angesichts der zurzeit zu befürchtenden Förderrückgänge der bekannte „Tropfen auf den heißen Stein“. Die ohnehin schon angespannte Angebotslage auf dem Ölmarkt konnte daher nur sehr kurzfristig durch den OPEC-Beschluss beruhigt werden, nun droht zum Jahresende eine deutliche Unterversorgung.

Marktentwicklung Ölpreise, Ölnotierungen

 

Venezuela leidet unter einer massiven Wirtschaftskrise und kann seine Öllieferungen nicht mehr einhalten, in Libyen sorgt der Bürgerkrieg immer wieder für Förderausfälle und in Kanada musste die Produktion auf einem großen Schieferölfeld eingestellt werden. Die Anschläge auf wichtige Ölexporthäfen in Libyen könnten zu einem Rückgang des weltweiten Ölangebots von über 0,5 Mio. Barrel führen und der Ausfall des kanadischen Ölfeldes bei Fort McMurray sorgt bis Ende Juli für einen Angebotsausfall von gut 0,3 Mio. Barrel pro Tag, was den US-Ölmarkt zur Hauptreisezeit hart trifft. Die genannten Fälle sorgen breits dafür, dass die Anhebung der OPEC-Ölförderung verpufft.

Hinzu kamen vom US-Ölmarkt gestern ebenfalls preistreibende Nachrichten. So gab des Department of Energy (DOE) bekannt, dass die amerikanischen Öllager in der vergangenen Woche den deutlichsten Rückgang seit September 2016 erfahren haben, was kurz vor der Hauptreisewelle in den USA auf ein Angebotsdefizit hindeutet. Die Rohöllager waren um 9,9 Mio. Barrel eingebrochen und auch der leichte Anstieg bei den Benzinlagern um 1,2 Mio. Fass, konnte den insgesamt bullischen Impuls wenig abschwächen. Die gesamten US-Öllager sanken mit gut 775 Mio. Barrel auf tiefsten Stand seit Januar 2015 und zudem stagnierte die US-Ölförderung.

Zwar hängt der Handelskonflikt zwischen den USA und China, sowie der EU und Kanada weiterhin wie ein Damokles-Schwert über der Weltwirtschaft und somit auch den Ölpreisen, doch wenn der Iran als Öllieferant vollständig ausfallen sollte, werden die preistreibenden Impulse den Ölmarkt bald eindeutig dominieren. Spätestens im Herbst könnten sich die Ölpreise dann auf neue Langzeithöchststände empor schwingen, doch vermutlich wird dies sogar noch deutlich schneller passieren.

Zurück