Ölpreise weiterhin im Aufwärtsmodus | Aktuelle Ölmarkt-News vom 29.06.2018

um 09:04 Uhr von Stefan Schmellekamp

Ölpreise - Entwicklungen am Ölmarkt

Das in der Vorwoche viel beachtete OPEC-Meeting ist gefühlt schon lange wieder Vergangenheit, denn in dieser Woche haben sich die Ereignisse am Ölmarkt überschlagen. Nach dem zurückhaltenden Beschluss der OPEC und Russlands, die Ölförderung um eine Million Barrel pro Tag anzuheben, jagt eine preistreibende Nachricht die Nächste. Zum Wochenstart forderte US-Präsident Trump, dass alle Länder ihre Ölimporte aus dem Iran bis November dieses Jahres auf Null reduzieren sollen und zur Wochenmitte fielen die neuen Zahlen vom US-Ölmarkt eindeutig preistreibend aus.

Dementsprechend sind die Ölpreise im Verlauf dieser Woche kräftig gestiegen. Insgesamt legte die Nordsee-Ölsorte BRENT um fünf Prozent zu und das amerikanische Leichtöl WTI zog sogar um elf Prozent an. Auch auf den heutigen Freitag verzeichneten die Ölpreise ein Plus, so dass BRENT am Morgen bei 77,7 Dollar/ Barrel gehandelt wurde und sich somit weiter auf die 80-Dollar-Marke zubewegt. Die US-Ölleitsorte WTI kletterte gestern zwischenzeitlich auf ein neues Dreieinhalb-Jahreshoch, gab dann jedoch wieder nach und notierte am Freitagmorgen bei 73,2 Dollar/Barrel.

Neben den aktuellen oder zu befürchtenden Produktionsrückgängen in zahlreichen Ölförderländern, wurden die Ölpreise in der zweiten Wochenhälfte durch die neuen Zahlen vom US-Ölmarkt angeschoben. So stagnierte in den USA die zuletzt stetig steigende Ölförderung und die Öllagerbestände erfuhren den kräftigsten Abbau seit September 2016. Mit derzeit gut 775 Mio. Barrel sind die gesamten US-Öllager auf tiefsten Stand seit rund dreieinhalb Jahren gefallen.

Seit dem Rekordhoch vom Februar 2017 beläuft sich der Abbau der US-Öllager somit auf enorme 172 Mio. Barrel bzw. gut 18 Prozent. Auch die globalen Öllager sind nach Schätzungen von Marktbeobachtern massiv gesunken. So gingen die Öllagerbestände in den OECD-Staaten innerhalb von gut eineinhalb Jahren um rund 360 Mio. Barrel zurück und befinden sich somit aktuell unter dem Fünf-Jahresdurchschnitt.

Abgesehen von den Öllagerbeständen gibt es zudem in vielen Ländern Probleme mit der Ölförderung. Venezuela leidet unter einer massiven Wirtschaftskrise und der Ausfall des kanadischen Ölfeldes bei Fort McMurray sorgt bis Ende Juli für einen Angebotsausfall von gut 0,3 Mio. Barrel pro Tag, was den US-Ölmarkt zur Hauptreisezeit hart trifft. Zudem sorgt der Bürgerkrieg in Libyen immer wieder für Förderausfälle. Die Eroberung von wichtigen libyschen Ölexporthäfen durch Rebellen könnte zu einem Rückgang des weltweiten Ölangebots von über 0,5 Mio. Barrel führen, denn westliche Staaten lehnen Geschäfte mit Rebellen im ölreichsten afrikanischen Land ab.

Marktentwicklung Ölpreise, Ölnotierungen

 

Die angekündigte Fördererhöhung der OPEC und Russlands ist angesichts der zurzeit zu befürchtenden Förderrückgänge daher der bekannte „Tropfen auf den heißen Stein“. Aus diesem Grund konnte der zurückhaltende OPEC-Beschluss, die ohnehin schon angespannte Angebotslage auf dem Ölmarkt, nur sehr kurzfristig beruhigen. Nun droht zum Jahresende eine deutliche Unterversorgung. Vor allem wenn die Forderung von US-Präsident Trump umgesetzt wird, dass alle Länder ihre Rohölimporte aus dem Iran vollständig einstellen.

Im Mai hatte die US-Regierung beschlossen aus dem Atomabkommen mit dem Iran auszusteigen, was damals schon zu einem spürbaren Anstieg der Ölpreise geführt hatte. Ein noch stärkerer Ausbruch nach oben wurde jedoch zunächst verhindert, weil die EU und Russland eine Lösung finden wollten, dass iranische Atomabkommen am Leben zu halten. Durch den jüngsten Vorstoß von US-Präsident Trump dürfte dies nun deutlich schwerer werden, so dass sich für den Ölmarkt direkt mehrere Risiken ergeben, die zu einem Anstieg der Ölpreise führen können.

Einerseits würden der Regionalmacht Iran die Haupteinnahmequelle genommen, was das Land mit dem Rücken zur Wand stellt und eine Eskalation der zahlreichen Konflikte im Nahen Osten zur Folge haben könnte. Grundsätzlich führen militärische Auseinandersetzungen im ölreichen Nahen Osten zu Risikoaufschlägen bei den Ölpreisen. Darüber hinaus würde der vollständige Stopp der iranischen Ölexporte auch ganz faktisch zu einem massiven Angebotsdefizit auf dem Weltölmarkt führen.

Zwar hängt der Handelskonflikt zwischen den USA und China, sowie der EU und Kanada weiterhin wie ein Damokles-Schwert über der Weltwirtschaft und somit auch den Ölpreisen, doch wenn der Iran als Öllieferant vollständig ausfallen sollte, werden die preistreibenden Impulse den Ölmarkt bald eindeutig dominieren. Spätestens im Herbst könnten sich die Ölpreise dann auf neue Langzeithöchststände empor schwingen, doch vermutlich wird dies sogar noch deutlich schneller passieren.

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