Ölpreise steigen erstmals diese Woche | Aktuelle Ölmarkt-News vom 12.11.2019

um 10:51 Uhr von Benjamin Stelse

Ölpreise - Entwicklungen am Ölmarkt

Die bereits Mitte letzter Woche gestartete Entwicklung der Notierung mit täglich sinkenden Werten hielt bis gestern Nachmittag an. Auf den heutigen Dienstag, kam es zu einer deutlichen Gegenbewegung bei beiden Rohölsorten. Die amerikanischen Sorte West Texas Intermediate (WTI) notierte im frühen Handel bei 57,1 $/b und somit rund 0,2 Dollar/Barrel höher als am Vortag. Der Preis für ein Barrel (159 Liter) bei der für Europa relevante Sorte Brent lag bei 62,1 $/b, sodass die Preissteigerung mit 0,3 Dollar/Barrel nur unwesentlich höher war.

Das bestimmende Thema an den internationalen Finanzmärkten bleibt weiterhin der Handelskonflikt der beiden größten Volkswirtschaften China und USA. Die Wendungen, im seit über einem Jahr anhaltenderen Handelsdisput, nehmen jedoch aktuell immer neue und unerwartete Züge ein. Zum Ende der letzten Woche hat der zwischenzeitlich entstandene Optimismus aufgrund der möglichen Annäherung der beiden Wirtschaftsmächte merklich nachgelassen und ist sogar in Skepsis gefolgt von Pessimismus „umgeschlagen“.

Nachdem ein Sprecher Chinas Ende letzter Woche eine Einigung über die schrittweise Reduzierung der bereits erhobenen Strafzölle vermeldete, hat die USA bis gestern keiner Stellungnahme dazu abgegeben. Heute nun hat US-Präsident Trump persönlich Stellung zu der Aussage des chinesischen Sprechers bezogen. So dementierte Trump die Aussagen der chinesischen Seite und beklagte sich im gleichen Statement, dass die Verhandlungen für seinen Geschmack viel zu langsam vorangingen und die Schuld auf Seiten der chinesischen Verhandlungsführer zu finden sind.

Aufgrund der Aussage des amerikanischen Präsidenten, ist ein aktueller Stand der Verhandlungen unklar. Die Aussagen beider Seiten könnten unterschiedlicher nicht sein, sodass der Fortgang der Verhandlungen ungewiss ist. Marktteilnehmer erhoffen sich von der für heute angesetzten Rede des Präsidenten ein Statement über den aktuellen Stand der Verhandlungen und eine daraus resultierende Richtungsvorgabe für die Notierungen am Ölmacht. Die momentane Unklarheit in der Thematik lastet auf den Rohölpreisen.

Neben den Unklarheiten im Handelsstreit, belastet auch die sich andeutende Uneinigkeit innerhalb des OPEC+ - Kartells. So könnte das für Anfang Dezember angesetzten OPEC-Treffen in Wien zu einem unerwarteten Belastungsfaktor für die weitere Entwicklung der Rohölpreise werden. Während bis vor wenigen Wochen noch weitestgehend Einigkeit bezüglich einer Fortsetzung der aktuellen Fördermengenkürzung herrschte bzw. sich sogar eine weitere Absenkung andeutete, hat sich die Stimmungslage zuletzt geändert.

Einer der bisherigen Befürworter für eine weitere Absenkung der Fördermengen war Saudi-Arabien. Nach neusten Erkenntnissen wird sich das Land aus dem Nahen Osten auf dem Treffen in Wien nicht mehr für die Absenkung aussprechen. Bestätigt sich die neue Einstellung Saudi-Arabiens, hätten sie in Russland einen „Gelichgesinnten“, der innerhalb des OPEC + - Kartells großes Ansehen genießt und dementsprechend Einfluss hat. Zuletzt kamen aus Moskau jedoch eher zurückhaltende Kommentare mit dem Hinweis, dass die zukünftige Fördermengenpolitik auch von der US-Ölförderung in nächster Zeit abhängig ist, die sich zeitnah abschwächen könnte. Bis zum Treffen in Wien in rund drei Wochen, bleibt zunächst unklar, ob die aktuelle Einstellungen der Teilnehmer und die teils vorhanden Vorbehalte, nochmals überdacht werden.

Der Euro bleibt in diesen Tagen im Vergleich zum US-Dollar am Devisenmarkt weiterhin leicht unter Druck. Die Gemeinschaftswährung konnte in den letzten Tagen nicht von der zwischenzeitlich gewachsenen Zuversicht auf eine Annäherung im Handelsstreit zwischen den China und den USA profitieren. Seit Anfang des Monats tendiert der US-Dollar schwächer. Rohöl wird an den Finanzmärkten in der Währung US-Dollar gehandelt, sodass der Rohstoff aktuell für Nachfrager außerhalb des Dollarraumes günstiger ist. Die Nachfrage konnte dementsprechend durch die neuste Entwicklung etwas angeregt werden.

Zusammengefasst wartet der Rohölmarkt momentan vergeblich auf einen neuen, richtungsweisenden Taktgeber beziehungsweise ein marktrelevantes Ereignis, das die Notierungen aus ihrer anhaltenden Seitwärtsbewegung „befreit“. Während in der Vergangenheit bereits einzelne Meldungen zu sprunghaften Bewegungen der Rohölpreise geführt hat, wissen die Marktteilnehmer aktuelle Meldungen und deren Einfluss anders zu interpretieren, sodass eine merkliche Zurückhaltung herrscht.

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