Ölpreise steigen auf Drei-Monats-Hoch | Aktuelle Ölmarkt-News vom 05.06.2020

um 10:57 Uhr von Benjamin Stelse

Ölpreise - Entwicklungen am Ölmarkt

Nachdem sich die Rohölpreise bereits seit Jahresbeginn in einem Abwärtstrend befanden und die Notierungen nahezu ungebremst sanken, kam es Ende April zu einem „Corona-Crash“ am Ölmarkt. Infolge der Corona-Krise hat die Kombination aus einem nie dagewesenen Rückgang der globalen Rohölnachfrage, sowie einer regelrechten Überschwemmung des Marktes mit „billigem Öl“ zu einem Ungleichgewicht geführt, das erst durch massive geldpolitische Maßnahmen ausgeglichen werden konnte. Zuvor sind die Rohölpreise kollabiert und gaben innerhalb von nur wenigen Wochen um mehr als 70 Prozent nach.

Seit Anfang Mai kann am Ölmarkt jedoch von einer Stabilisierung gesprochen werden, da nach mehreren erfolglosen Versuchen, eine Erholungstour eingeleitet wurde, die aus Sicht zahlreicher Förderländer endlich den gewünschten Erfolg mit deutlich steigenden Rohölpreisen mit sich brachte. Im Wesentlichen wurde die bis heute anhaltende Erholung der Rohölpreise von einer Einigung führender Förderländer auf eine Fördermengenkürzung beeinflusst. Darüber hinaus ist eine steigende Rohölnachfrage ersichtlich, da die strengen Corona-Restriktionen zuletzt in immer mehr Staaten gelockert werden.

Die Stabilisierung der Notierungen wird auch an den aktuellen Kursverläufen am Ölmarkt in dieser Woche deutlich. Nachdem bereits kurz nach dem verlängerten Wochenende eine kräftige Aufwärtsbewegung bei den Preisen beider Rohölsorten ersichtlich war, wurden diese erst gestern durch einen geringen Rückgang gestoppt. Während der Preis für ein Barrel (159 Liter) der US-Sorte WTI innerhalb einer Woche um rund 17 Prozent auf 37,5 $/b anstieg, konnte die für Europa relevante Ölsorte BRENT im gleichen Zeitraum um mehr als 20 Prozent auf 40,2 $/b zulegen. Beide Rohölsorten notierten aktuell auf dem höchsten Stand seit Anfang März.

Mit Blick auf die aktuellen marktrelevanten Meldungen wird bereits jetzt vermutet, dass die jüngste Erholung zeitnah ins „Stocken geraten“ könnte. Auch wenn die globale Rohölnachfrage im Vergleich zu den letzten Wochen und Monaten deutlich gestiegen ist, kann weiterhin nicht von einer Rückkehr zu gewohnten Marktmechanismen gesprochen werden. Anhand der aktuellen Daten des US-Energieministeriums werden die Nachwirkungen der Corona-Pandemie recht deutlich. So ist die Nachfrage nach dem Kraftstoff Diesel in den USA anhaltend schwach und sank zuletzt sogar auf den niedrigsten Stand seit 21 Jahren.




Aber auch auf der Angebotsseite könnten die preisstabilisierenden Effekte zeitnah ausgebremst werden. Nachdem sich die im Opec+ Verbund zusammengefassten Ölförderstaaten im April auf eine Fördermengenreduzierung um rund 10 Mio. Barrel pro Tag bis Ende Juni verständigten, hat die Hoffnung auf eine Verlängerung der Kürzung zuletzt für kräftig steigende Notierungen gesorgt. Ob eine Einigung auf dem für nächste Woche geplanten Treffen zu Stande kommt bleibt abzuwarten, da bereits im Vorfeld bekannt wurde, dass einzelne Ölfördernationen unterschiedliche Zeiträume im Auge haben sollen.

Darüber hinaus haben die beiden Ölgiganten Saudi-Arabien und Russland ihre Einwilligung auf eine Verlängerung an weitere Bedingungen geknüpft. Da sich einzelne Länder in Mai nicht an die vereinbarten Kürzungen gehalten haben, setzen die beiden Staaten eine zukünftige Einhaltung der beschlossenen Produktionsminderungen zwingend voraus. Im Fokus von Saudi-Arabien und Russland liegt vor allem der Irak. Vertreter des Iraks haben jedoch bereits Probleme bei der vereinbarten Senkung der eigenen Förderung eingeräumt. Die dadurch geförderten Mehrmengen sollten durch eine ausgeweitete Kürzung im Juli ausgeglichen werden.

Offiziell war das Treffen des Verbundes Opec + für nächster Woche Dienstag und Mittwoch angesetzt worden, doch jüngst war Medienberichten zu entnehmen, dass bereits morgen ein Treffen der Ölminister stattfinden soll. Ob und in welchem Umfang nächste Woche die anvisierte Verlängerung der aktuell bis Ende Juni vereinbarten Fördermengenkürzungen ausgeweitet werden kann, bleibt zunächst abzuwarten. Bereits Anfang April, in der Hochphase der Corona-Pandemie, wurde das für damals geplante (Online-) Meeting unerwartet verschoben.

Während die Vorgaben des Ölmarktes seit Anfang April für nahezu konstant steigende Rohölpreise sorgten und die Aufwärtsbewegung nur durch kurzweilige „Verschnaufpause“ unterbrochen wurden, fällt eine Prognose für die weitere Entwicklung der Notierungen vergleichsweise schwer. Der Fokus der Marktteil- nehmer hat sich aktuell vom Disput zwischen China und den USA der letzten Woche, auf das bevorstehende Treffen des Opec+ Verbandes verschoben. Sollte das Treffen wie geplant stattfinden und eine Verlängerung der aktuellen Kürzungen vereinbart werden, ist von einer Fortsetzung der Erholungstour auszugehen. Doch im Falle einer Absage des Meetings, könnte eine deutliche Gegenbewegung für die Abgabe der jüngsten Gewinne sorgen.

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