Ölpreise stabilisiert sich nach Preisrutsch | Aktuelle Ölmarkt-News vom 22.12.2020

um 10:34 Uhr von Benjamin Stelse

Ölpreise - Entwicklungen am Ölmarkt

Nachdem die Rohölpreise Anfang November noch bis auf ein neues Langzeittief nachgaben und die zuvor erreichte Stabilisierung des Rohölmarktes in „Gefahr“ geriet, folgte der Übergang in einer regelrechten Erholungstour mit nahezu konstant steigenden Rohölpreisen über einen Zeitraum von mehreren Wochen. Auch wenn die Preissteigerungen seit Anfang Dezember deutlich überschaubarer ausfielen, wurde der vorherige Trend weiter fortgesetzt und die Notierungen erreichten nach einigen wenigen Verschnaufpausen Ende letzter Woche einen neuen Höchststand und das höchste Preisniveau seit dem Beginn der Corona-Krise im Frühjahr.

Von den deutlichen Preisaufschlägen aus dem November war in den letzten Tagen nur noch wenig zu spüren und die Notierungen bewegten sich in der letzten Woche nur noch innerhalb eines äußerst schmalen Preiskorridors von weniger als zwei Dollar/Barrel. Die Vorgaben der internationalen Finanzmärkte waren jedoch in der letzten Woche eindeutig von preistreibenden Meldungen geprägt. Neben der Aussicht auf eine Einigung in den USA auf ein neues Konjunkturpaket zur Stabilisierung der angeschlagenen Wirtschaft konnte die Entwicklung am Rohölmarkt im Wesentlichen von den Fortschritten in Bezug auf einen wirksamen Impfstoff gegen das Corona-Virus profitieren.

Während die Impfungen im Rahmen von „Notzulassungen“ in den Vereinigten Staaten und in Kanada bereits seit letzter Woche gestartet sind und auch in Großbritannien die Impfungen nach nur einem Tag der Zulassungsprüfung begonnen haben, folgte gestern Abend auch das „Go“ der europäischen Impfbehörde EMA. Der Impfstoff der Pharmakonzerne Biontech und Pfizer kann somit ab dem 27.12.2020 auch in ganz Europa geimpft werden. Ursprünglich sollte das Prüfverfahren erst diese Woche Sonntag  abgeschlossen werden, jedoch konnte die Prüfung nun vorzeitig erfolgreich beendet werden. Der Druck auf die Behörde nahm zuletzt auch von politischer Ebene zu, allen voran durch Gesundheitsminister Jens Spahn.

Das Anliegen von Spahn ist aufgrund der aktuellen Entwicklung der Pandemie in Deutschland durchaus nachvollziehbar. Trotz eines "Wellenbrecher-Lockdowns" im November und den zuletzt nochmals massiv verstärkten Maßnahmen, sind die Zahlen weiterhin besorgniserregend. Mit mehr als 30.000 Neuinfektionen und nahezu 1.000 Todesfällen innerhalb von 24 Stunden, wurden Ende letzter Woche neue Höchststände erreicht. Angesichts der immer weiter steigenden Fallzahlen wird es immer wahrscheinlicher, dass der zunächst bis zum 10. Januar 2021 angesetzte „harte Lockdown“ voraussichtlich nicht den erhofften Erfolg bringen wird. Unter Experten und Virologen verstärkte sich zuletzt die Meinung, dass die Maßnahmen voraussichtlich noch mehr als zwei Monate anhalten müssen, um eine sichtliche Besserung der Lage erreichen zu können.

Prognosen und Aussichten beim Ölpreis

Entwicklung Ölpreise, Rohölpreise, Ölnotierungen


Der zuvor bereits beschriebene Preisrutsch am Rohölmarkt von gestern mit zwischenzeitlichen Verlusten von mehr als fünf Prozent bei den Preisen beider Rohölsorten hat ebenfalls einen direkten Bezug auf die Corona-Pandemie. In zahlreichen Meldungen wurde am Wochenende über eine besonders ansteckende Variante des Corona-Virus berichtet, die sich derzeit schnell im Südosten Englands ausbreitet. Da die neue aggressive Form des Virus bereits in Dänemark, den Niederlanden, Italien und Südafrika nachgewiesen werden konnten, wurde am Sonntag in Deutschland ein vorübergehendes Verbot für die Einreise aus Großbritannien erlassen. Auch wenn das Einreiseverbot wieder aufgehoben wurde, so sorgte es kurzfristig für Chaos auf deutschen Flughäfen.

Doch die Auswirkungen an den internationalen Finanzmärkten und dem Rohölmarkt sind auch heute weiterhin zu spüren. Während die US-Sorte West Texas Intermediate (WTI) am Morgen bei 47,1 $/b notierte und somit um kräftige 2,0 Dollar/Barrel sank, gab der Preis für ein Fass der für Europa relevanten Rohöl-Sorte Brent mit 2,1 Dollar/Barrel nochmals deutlicher auf 50,1 Dollar/Barrel nach. Auch wenn die Notierungen aktuell noch deutlich schwanken, konnte der Preis der Nordsee-Sorte Brent gestern im Nachmittagshandel wieder über die für viele Marktteilnehmer so wichtige 50 Dollar-Marke steigen, und diese auch heute Morgen halten. Aufgrund der Vorgaben der Finanzmärkte ist dies jedoch nur eine Momentaufnahme, da es nicht auszuschließen ist, dass die Preise heute im Laufe des Tages erneut nachgeben.

Während eine Prognose bis Ende letzter Woche in Bezug auf die weitere Entwicklung der Rohölpreise noch verhältnismäßig leichtfiel, haben sich die Vorgaben aktuell so massiv verändert, dass selbst eine kurzfristige Prognose aktuell nur unter Vorbehalt angegeben werden kann. Aus unserer Sicht dürfte der aktuelle Preisrutsch keine nachhaltige Wirkung auf die Rohölpreise haben, jedoch muss betont werden, dass es einige Zeit in Ansprach nehmen dürfte, bis die Notierungen auf das Niveau von Ende letzter Woche zurückkehren. Grundvoraussetzung dafür ist allerdings, dass in den nächsten Tagen nicht erneut eine unerwartete preisdrückende Meldung für ein weiteres Ungleichgewicht an den Finanzmärkten sorgt.

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