Ölpreise stabilisieren sich in Nähe eines Halbjahreshoch | Aktuelle Ölmarkt-News vom 25.04.2019

um 08:46 Uhr von Stefan Schmellekamp

Ölpreise - Entwicklungen am Ölmarkt

In der laufenden Handelswoche sind die Ölpreise zunächst kräftig gestiegen, haben dann wieder einen Teil der Gewinne abgegeben und sich auf den heutigen Donnerstag stabilisiert. Vor dem Hintergrund steigender US-Öllagerbestände entwickelten sich die beiden Rohöl-Leitsorten auf Donnerstag jedoch uneinheitlich. Während die Nordsee-Ölsorte BRENT um 0,4 $/b zulegte, gab die US-Ölsorte WTI um knapp 0,2 Dollar/Barrel nach. Somit wurde die für Europa relevantere Ölsorte BRENT am Morgen bei 74,7 Dollar/Barrel gehandelt und das amerikanische Leichtöl WTI notierte bei 65,9 Dollar/Barrel. OPEC-Rohöl kostete zur Wochenmitte 73,4 Dollar/Barrel.

Insgesamt stehen die Ölpreise somit aktuell auf den höchsten Ständen seit Anfang November des vergangenen Jahres und es muss damit gerechnet werden, dass sich der Anstieg der Ölpreise weiter fortsetzen wird. So scheinen durchschnittliche Ölpreise von 75 bis 80 Dollar/Barrel für dieses Jahr eine realistische Größenordnung zu sein. Zumindest ist nicht zu erwarten, dass das neu formierte Ölkartell OPEC+ unter diesem Preisniveau eine Fördererhöhung umsetzen wird und derzeit sieht es auch nicht so aus als könnte das Angebot auf dem Weltölmarkt über andere Wege signifikant erhöht werden.

Auch vom US-Ölmarkt kommen aktuell keine Anzeichen für ein steigendes Ölangebot. Im Gegenteil ist die Ölproduktion zuletzt sogar von ihrem Rekordstand in Höhe von 12,2 Mio. Barrel pro Tag um leichte 0,1 Mio. Barrel gesunken. Zwar meldete das Department of Energy (DOE) gestern einen Aufbau der amerikanischen Rohöllager um 5,4 Mio. Barrel, gleichzeitig waren jedoch die Lagerbestände der Ölprodukte (Heizöl, Diesel und Benzin) um 2,9 Mio. Barrel zurückgegangen, so dass in Summe nur ein leichter Anstieg der gesamten US-Öllager auf gut 813 Mio. Barrel zu verzeichnen war. Somit haben sich die Öllagerbestände in den USA im März und April kaum bewegt und lagen stets zwischen 810 und 815 Mio. Barrel. Ähnliches lässt sich über die Ölproduktion und Ölbohraktivitäten in den USA sagen, so dass im Grunde seit Wochen keine preisbewegenden Impulse vom US-Ölmarkt kommen.

Dennoch war die aktuelle Handelswoche durch Meldungen aus den USA geprägt. So gab die US-Regierung bekannt, ab Mai keine Ausnahmeregelungen mehr für Ölimporte aus dem Iran zu gewähren. Bisher hatte das Weiße Haus noch Ausnahmen für iranische Ölimporte nach Italien, Griechenland, die Türkei, China, Indien, Japan, Südkorea und Taiwan gewährt, so dass diese Länder keine US-Sanktionen befürchten mussten, wenn sie Öl aus dem Iran einführten. Nun drohen diesen acht wichtigsten Importeuren von iranischem Rohöl jedoch Strafen, wenn sie die Öleinfuhr aus dem Iran nicht einstellen sollten.

Entwicklung Ölpreise, Rohölpreise, Ölnotierungen

 

Mit diesem Schritt verschärfen die USA ihre harte Gangart gegenüber dem Iran weiter. Nachdem die USA in der ersten Monatshälfte bereits die iranischen Revolutionsgarden als Terrororganisation eingestuft hatte, sollen nun die Ölexporte des Landes auf Null reduziert und somit dessen Haupteinnahmequelle zum Erliegen gebracht werden. Der politische Konflikt zwischen den USA und Iran geht somit in die nächste Eskalationsstufe, was auch das Atomabkommen mit dem Iran in Frage stellt, an welchem die beteiligten EU-Staaten weiter festhalten wollen.

Für den Weltölmarkt bedeutet diese Entwicklung, dass es bereits im Mai zu einer Unterversorgung kommen könnte, die zuvor erst im Laufe der zweiten Jahreshälfte erwartet wurde. Daher kommt nun der Entscheidung des OPEC+ Verbundes, ob die aktuelle Förderkürzung über den Juni hinaus verlängert wird, eine besondere Bedeutung zu. Das größte OPEC-Ölförderland Saudi-Arabien, dass sich zuletzt vehement für eine Verlängerung ausgesprochen hatte, könnte nun jedoch einlenken. Zumindest hatte Saudi-Arabien im vergangenen Jahr angekündigt, dass es seine Ölförderung anheben werde, wenn die USA die Ölexporte des saudischen Erzfeindes Iran zum Erliegen bringen sollten.

Sicher ist eine Anhebung der Ölförderung jedoch nicht und zudem bestehen weiterhin einige Angebotsrisiken, die sich durch politische Unsicherheiten ergeben. Zu nennen sind hier vor allem die anhaltende, politische und wirtschaftliche Krise in Venezuela und die militärische Eskalation im libyschen Bürgerkrieg. Zwar wurde die Ölförderung Libyens bisher nicht durch den militärischen Konflikt zwischen der international anerkannte Regierung und dem einflussreichen General Haftar beeinträchtigt, dennoch könnte der Konflikt in dem afrikanischen Land, dass pro Monat etwa eine Millionen Barrel Rohöl auf den Weltmarkt bringt, zu einem weiteren Rückgang des globalen Ölangebots führen.

Gestützt werden die Ölpreise aktuell auch durch die optimistischere Stimmung an den Börsen, die Anlagen in risikoreichere Handelsprodukte wie Erdöl interessanter macht. Außerdem wurden aus China zuletzt überraschend gute Konjunkturdaten gemeldet und im Handelsstreit zwischen den USA und China scheint eine Einigung in greifbarer Nähe zu sein. Beides legt nahe, dass es im Jahresverlauf zu einer stärker wachsenden Ölnachfrage kommen wird.

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