Ölpreise sinken nach dem Ereichen neuer Höchststände leicht | Aktuelle Ölmarkt-News vom 27.11.2020

um 12:05 Uhr von Benjamin Stelse

Ölpreise - Entwicklungen am Ölmarkt

Bei Betrachtung der Preisentwicklung der beiden Rohölsorten Brent und WTI konnte in den zurückliegenden Wochen und Monaten nahezu immer festgestellt werden, dass sich die Preise im „Gleichschritt“ auf und ab bewegten. Die heutige entgegengesetzte Preisentwicklung kann daher durchaus aus Besonderheit bezeichnet werden, auch wenn die Auf- bzw. Abbewegung zum heutigen Wochenausklang im Vergleich zu den letzten Handelstagen recht überschaubar ausfallen. Während die für Europa relevante Rohölsorte Brent im Vormittagshandel bei 47,8 $/b notierte und damit 0,1 Dollar/Barrel anstieg, fiel der Preis für ein Fass der US-Sorte West Texas Intermediate (WTI) dagegen um 0,7 Dollar/Barrel auf 45,- Dollar.

Nachdem die Rohölpreise im Laufe der Woche nahezu konstant im Aufwärtstrend kletterten und am Mittwoch den höchsten Stand seit der ersten Corona-Welle erreicht hatten, gaben die Notierungen im gestrigen Nachmittagshandel erstmals leicht nach. Die aktuellen Preisrückgänge resultieren im Wesentlichen aus marktüblichen Gewinnmitnahmen an den internationalen Finanzmärkten kurz vor dem Wochenende. Doch der Fokus der Marktteilnehmer verschiebt sich nach der jüngsten Euphorie aktuell in Richtung des für Anfang nächster Woche geplanten Treffens des Ölverbundes Opec+, auf dem über die kurz- bis mittelfristige Förderpolitik der Mitglieder diskutiert werden soll.

Während bis vor wenigen Wochen noch Einigkeit über die Einhaltung der im Sommer vereinbarten Fördermengenerhöhung zu Beginn des kommenden Jahres herrschte, „drifteten“ die Meinungen der Kartell-Mitglieder zuletzt immer häufiger voneinander ab. Der Großteil der Kartell-Mitglieder ist sich einig, dass die bestehenden Fördergrenzen vorerst bestehen bleiben sollen und die ursprünglich für Anfang Januar geplante Fördermengenerhöhung um mindestens drei Monaten aufgeschoben werden soll. Mit einer Verschiebung würde der Verbund auf den kurzfristigen Konjunkturdämpfer infolge der zweiten Coronas-Welle reagieren. Einige wenige Mitglieder sehen jedoch keine Notwendigkeit für eine Verschiebung, sodass noch nicht sichergestellt werden kann, dass auf dem Treffen eine einvernehmliche Lösung gefunden wird.

Auch wenn die Aussichten für Anfang nächster Woche aktuell noch nicht preisstabilisierend sind, kann mit Blick auf unseren Preis-Chart zumindest ein eindeutiger Trend in den zurückliegenden Tagen festgestellt werden. Trotz der heutigen Abwärtskorrektur, bleibt auf Wochensicht ein deutliches Plus von mehr als fünf Prozent bei beiden Rohölsorten bestehen. Wenn die Preisentwicklung beider Rohölpreise seit Monatsbeginn betrachtet wird, sind die Steigerungen mit mehr als 30 Prozent jedoch noch viel kräftiger, sodass die heutigen Preisrückgänge berechtigterweise von vielen Analysten als vorübergehende Verschnaufpause bezeichnet wird.

Prognosen und Aussichten beim Ölpreis

Entwicklung Ölpreise, Rohölpreise, Ölnotierungen


Die deutlichen Preissteigerungen der letzten Wochen sind im Wesentliche auf zwei Meldungen und deren preistreibenden Effekte zurückzuführen. Zum einen hat der Ausgang der Präsidentschaftswahlen in den USA zu einem Impuls geführt, der die Notierungen deutlich hat steigen lassen. Nachdem die zahlreichen Verzögerungen bei der Auszahlung der Wählerstimmen und die bis heute anhaltende „Nicht-Anerkennung“ der Wahlniederlage seitens des amtierenden Präsidenten Trump zu Monatsbeginn noch für sinkenden Rohölpreisen gesorgt haben, führte das offizielle Ergebnis und der damit verbundene zeitnahe Präsidenten-Wechsel an den internationalen Finanzmärkten zu steigenden Kursen.

Doch der Ausgang der Wahl war nicht alleine für die kräftigen Preissteigerungen verantwortlich. Viel wichtiger für die Aufwärtsbewegung war jedoch die Meldung, dass zeitnah ein wirksamer Corona-Impfstoff zur Verfügung stehen könnte. Neben der Beantragung zur Zulassung eines Impfstoffes durch die beiden Pharma-Unternehmen Biontech und Pfizer, sind in den letzten beiden Wochen zwei weitere Unternehmen bekanntgeworden, die kurzfristig eine Zulassung für wirksame Impfstoffe beantragen wollen. Diese Hoffnung in Kombination mit einem möglichen Impfstart noch in diesem Jahr hat zuletzt nicht nur an den Finanzmärkten zu einem regelrechten Kursfeuerwerken geführt, sondern auch zur weiteren Stabilisierung des angeschlagenen Rohölmarktes beigetragen.

Auch wenn die deutsche Kanzlerin Merkel in Bezug auf den Corona-Virus in dieser Woche nochmals bekräftigte, dass sowohl Deutschland, als auch die EU und die ganze Welt von der größten Herausforderung seit dem Zweiten Weltkrieg steht, stehen die Chancen auf eine baldige Besserung der aktuellen Situation deutlich besser als noch vor einigen Wochen. Die positive Wirkung eines wirksamen Impfstoffes, von denen inzwischen wohl mindestens drei Sorten im Zulassungsprozess stehen, wäre sowohl in Bezug auf die globale Wirtschaft, als auch auf die weltweite Rohölnachfrage kurz- bis mittelfristig zu spüren. Eine Garantie auf eine konstante Fortsetzung der jüngsten Rohölpreis-Entwicklung kann jedoch weiterhin nicht gegeben werden, da der wichtige Faktor Zeit nur äußerst schwer einzuschätzen ist.

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