Ölpreise mit deutlicher Aufwärtsbewegung | Aktuelle Ölmarkt-News vom 11.12.2020

um 11:36 Uhr von Benjamin Stelse

Ölpreise - Entwicklungen am Ölmarkt

Nachdem sich die Rohölpreise in den zurückliegenden zwei Wochen nur innerhalb eines äußerst schmalen Preiskanals von maximal drei Dollar je Barrel auf und ab bewegt hatten, scheinen die Notierungen seit Mitte dieser Woche an die Aufwärts-Rallye des Novembers anknüpfen zu können. Mit dem Blick auf unseren Preis-Chart wird deutlich, dass die Preise im gestrigen Handel deutlich gestiegen sind und auch die zum Wochenausklang häufig vorkommende Gegenbe-wegung am Rohölmarkt diesmal ausbleibt. Während die US-Sorte West Texas Intermediate (WTI) am Morgen bei 46,9 $/b notierte und damit 1,2 Dollar/Barrel anstieg, kletterte der Preis für ein Fass der Nordsee-Sorte Brent dagegen um noch deutlichere 1,4 Dollar/Barrel auf 50,3 Dollar/Barrel.

Auch wenn sich im Vormittagshandel andeutet, dass das frühmorgendliche Plus nicht vollumfänglich gehalten werden kann, notieren die Preise beider Rohölsorten dennoch auf einem neuen Langzeithoch. Speziell im nahezu ungebremsten Aufwärtstrend der Notierungen in der letzten Novemberwoche und der ersten Dezember-Woche hat der Kurs der für Europa relevanten Rohölsorte Brent immer wieder in Richtung der 50-Dollar-Marke ausgeschlagen, konnte diese jedoch bis gestern nicht erreichen. Angetrieben von gleich mehreren preistreibenden Faktoren hat der Brent-Preis die für viele Marktteilnehmer so wichtigen 50-Dollar-Marke gestern Nachmittag nun doch erreicht und stieg dadurch auf den höchsten Stand seit dem sogenannten "Corona-Crash" im Frühjahr.

Die gestrigen Preissteigerungen sind jedoch vor allem auf den Effekt der zeitnahen Einführung eines wirksamen Corona-Impfstoffes zurückzuführen. Nachdem das Zulassungsverfahren eines Impfstoffes in Großbritannien nach nur einem Tag abgeschlossen wurde und in dieser Woche bereits die ersten Risikopatienten geimpft wurden, könnte auch die Zulassung in den USA zeitnah erfolgen. Gestern haben sich in den Vereinigten Staaten 17 von 22 Experten eines Prüfungsausschusses für eine zeitnahe Zulassung ausgesprochen. Die Meinung der Experten gilt offiziell als Empfehlung, jedoch haben mehrere Beispiele in der Vergangenheit gezeigt, dass die Empfehlung seitens der amerikanischen Regierung nahezu immer uneingeschränkt umgesetzt wurde.

Mit der Ausnahme von Großbritannien lässt die Entscheidung in den restlichen europäischen Staaten noch auf sich warten. Zuletzt wurde seitens der zuständigen Prüfkommission immer wieder betont, dass sie sich auf einem guten Weg befinden, ohne dabei ein konkretes Datum zu nennen. Dies hat sich gestern geändert als bekannt wurde, dass am 29.12.2020 ein Ergebnis präsentiert werden könnte. Sollte der bzw. die getesteten Impfstoffe wie erwartet zugelassen werden, könnten die Impfungen Anfang 2021 in ganz Europa starten. Bis die Impfungen jedoch Europaweit durchgeführt wurden und die seitens vieler Experten veranschlagten Impfquote von 70 Prozent erreicht wird, können mehrere Monate vergehen.

Prognosen und Aussichten beim Ölpreis

Entwicklung Ölpreise, Rohölpreise, Ölnotierungen


Und auch die aktuellen Entwicklungen der Corona-Pandemie macht deutlich, dass sowohl die Hoffnung in Bezug auf jeden einzelnen, als auch auf die globale Wirtschaft in der nachhaltigen Wirkung der Anti-Corona-Impfungen liegt. Am Beispiel von Deutschland ist gut zu erkennen, dass die bisher getroffenen Maßnahmen nicht ausreichend waren und aktuell eine Verschärfung geprüft wird. Die Verschärfung könnte dazu führen, dass sich die zuletzt erholende Wirtschaft erneut ausgebremst wird. Dennoch besteht die Hoffnung auf eine baldige Eindämmung der Corona-Pandemie, sodass es mithilfe der zeitnah zur Verfügung stehenden Impfstoffe wieder zu einem Wachstum der Weltwirtschaft kommt und damit die Nachfrage nach Rohöl merklich gestärkt wird.

Die beschriebene Hoffnung scheint sogar sonst äußerst preisdrückende Entwicklungen am internationalen Ölmarkt auszugleichen. So hat die amerikanische Energiebehörde am Mittwoch-nachmittag die aktuellen Daten der US-Mineralölbestände veröffentlicht. Während Analysten am Dienstag noch von leicht sinkenden Rohölbestände ausgegangen sind, hat die US-Energiebehörde einen äußerst starken Anstieg von mehr als 15 Mio. Barrel innerhalb einer Woche bekannt gegeben. Die Rohölbestände in den USA sind somit auf mehr als 503 Mio. Barrel gestiegen und erreichten das höchste Niveau seit mehr als vier Monaten. Vergleichbare Mengensteigerungen haben in der jüngeren Vergangenheit dazu geführt, dass die Rohölpreise deutlich nachgaben. In dieser Woche blieben die Notierungen jedoch gänzlich unbeeindruckt.

Anders als in den letzten Wochen, als die klaren Vorgaben der internationalen Finanzmärkte eine kurzfristige Prognose der weiteren Rohölpreise vergleichsweise leichtmachten, möchten wir uns mit einer aktuellen Prognose vorerst zurückhalten. Sowohl die Aussicht auf einen wirksamen Impfstoff, als auch die weiterhin zurückhaltende Förderpolitik der Opec+ weckt zwar die Hoffnung auf eine weitere Stilisierung des angeschlagenen Rohölmarktes, jedoch darf der wichtigen Faktoren Zeit in Bezug auf die Corona-Krise dennoch nicht außer Acht gelassen werden. In den nächsten Wochen ist es daher aus unserer Sicht nicht ausgeschlossen, dass die jüngste Erholung der Rohölpreise nochmals „ins Stocken“ gerät.

Zurück