Ölpreise geben nach jüngsten Höchstständen nach | Aktuelle Ölmarkt-News vom 07.08.2020

um 12:25 Uhr von Benjamin Stelse

Ölpreise - Entwicklungen am Ölmarkt

Der heutige Freitag gibt uns die Möglichkeit auf eine Woche mit zahlreichen Preisbewegungen zurückzu- blicken. Nachdem sich bereits zu Wochenbeginn eine Aufwärtsbewegung mit zunächst nur leicht steigenden Rohölpreisen andeutete, ist sowohl der Preis der US-Sorte WTI, als auch die für Europa relevante Sorte Brent zur Wochenmitte zeitweise auf den jeweils höchsten Stand seit dem dramatischen Einbruch im März gestiegen. Auch wenn die Höchststände aufgrund eines impulsarmen Handels kurz vor dem Wochenende nicht gehalten werden konnten, bleiben auf Wochensicht dennoch starke Gewinne. Hervorzuheben ist hierbei die US-Sorte WTI, die sich seit Montag um mehr als vier Prozent verteuerte.

Nachdem gleich mehrere Meldungen im Laufe der Woche bei den Rohölpreisen für Auftrieb sorgten und die Preisbewegungen mit täglichen Schwankungen von bis zu 1,5 Dollar/Barrel im Vergleich zu den Vorwochen in ihrer Höhe deutlich zunahmen, fallen die frühmorgendlichen Preisrückgänge mit jeweils 0,2 Dollar/Barrel deutlich übersichtlicher aus. Aufgrund der bereits gestern Nachmittag startenden Gegenbewegung konnten die Ölpreise ihre Hochstände nicht halten. Die für Europa relevante Rohölsorte BRENT notierte im frühen Handel bei 44,9 $/b und die amerikanische Sorte West Texas Intermediate (WTI) sank auf 41,7 $/b. Mit Blick auf den Vormittagshandel deuteten sich bereits weitere Preisrückgänge an, die in ihrer Höhe jedoch erneut übersichtlich ausfielen.

Am Markt wurde mit der bereits zuvor beschriebenen Gegenbewegung der Ölpreise schon fast gerechnet, da sich durch die deutlichen Preissteigerungen für spekulationsfreudige Anleger eine gute Gegebenheit für vorgezogene Gewinnmitnahmen ergab. Auch wenn zuletzt die Stimmungsschwankungen an den internationalen Finanzmärkten zunahmen, bleibt die Stimmung an den internationalen Finanz- und Aktienmärkten trotz wieder rückläufiger Rohölpreise größtenteils optimistisch. Die gute Stimmung an den Finanzmärkten ist auch einer der Gründe, dass sich die aktuellen Verluste am Ölmarkt „in Grenzen“ halten und deutliche Verluste bis zum Austritt aus dem heutigen Handel als unwahrscheinlich eingeschätzt werden.

Die deutliche Preissteigerung der Notierungen zur Wochenmitte war auf eine verheerende Explosion in der libanesischen Hauptstadt Beirut zurückzuführen. Nachdem die genauen Umstände der Explosion zunächst unbekannt waren und aus den USA erste Meldungen veröffentlicht wurden, dass es sich um einen gezielten Anschlag handeln würde, kam es am Ölmarkt zu einem Preissprung. Der Verdacht eines Anschlages konnte bereits kurze Zeit entkräftet werden, da es sich um eine Explosion infolge eines Brandes handelte, bei dem 2750 Tonnen Ammoniumnitrat explodierten. Die Preissteigerungen am Ölmarkt resultierten jedoch nicht anhand der Tatsache des Unglücks an sich, sondern aufgrund von befürchteten Unruhen und einer möglichen Destabilisierung der aktuellen Lage in der Region.




Nachdem der Interessenverband American Petroleum Institute (API) noch am Dienstag in der wöchentlichen Einschätzung bei den US-Rohölbeständen von einem Rückgang von 8,6. Mio. Barrel ausgegangen ist und damit bereits deutlich von der Erwartung seitens Branchenkennern und Analysten abwich, wurde der von der API errechnete Rückgang nicht ganz erreicht. Das amerikanische Energiebehörde Department of Energy (DOE) bestätigte in Ihrem wöchentlichen Bericht einen hohen Rückgang der US-Bestandsmengen, der mit 7,4 Mio. Barrel sogar die dritthöchste Reduzierung des laufenden Jahres bedeutet. Die Schätzung des API weicht somit in dieser Woche „nur“ 1,2 Mio. Barrel von der tatsächlichen Reduzierung ab, nachdem die Einschätzungen in den Vorwochen mehrmals deutlich abwichen.

Auch wenn die beiden beschriebenen Meldungen auf Wochensicht zu deutlich steigenden Notierungen geführt haben, gehen nur die wenigsten Marktteil- nehmer von einer konstanten Fortsetzung der Aufwärtsbewegung aus. Zwar bestimmten in den letzten Tagen die preistreibenden Faktoren die Entwicklung der Rohölpreise, jedoch werden auch die Meldungen, die die Notierungen in den letzten Wochen belastet haben nicht außer Betracht gelassen. Neben dem fast schon wieder in Vergessenheit geratenen Konflikt zwischen den beiden Wirtschaftsmächten China und USA, gerät auch die aktuelle Corona-Lage in den USA und auch in anderen wichtigen Wirtschafts- nationen wieder vermehrt in den Fokus.

Während sich die täglichen Corona-Neuinfektionen in den USA in dieser Woche zwischenzeitlich reduzierten, hat die Anzahl der Infektionen gestern und heute in Deutschland die höchsten Stände seit April erreicht. In Bezug auf die zukünftige Entwicklung der Corona-Lage wurde heute Vormittag seitens einer Forschungs- gruppe aus den Vereinigten Staaten gemeldet, dass bis zum Jahresende mit nahezu 300.000 Todesopfer alleine in den USA gerechnet wird. Die wirtschaftlichen Auswirkungen der Krise haben bereits in der ersten Jahreshälfte zu einem nahezu konstanten Rückgang der Rohölpreise geführt, der erst durch massive geldpolitische Maßnahmen gestoppt werden wurde.

Ein vergleichbarerer Verfall der Rohölpreise wird zwar auch bei einer erneuten Verschärfung der Corona-Lage nicht befürchtet, jedoch wird auch von Marktteil- nehmern nicht außer Betracht gelassen, dass eine weitere Zunahme der weltweiten Corona-Fälle zwangsläufig Einfluss auf die Entwicklung der Weltwirtschaft und somit auch auf die zukünftige Rohölnachfrage haben wird. Die Hoffnung liegt nun auf die baldige Zulassung eines erforschten Medikaments, das zum einen vor einer Neuinfektion der häufig tödlichen Lungenkrankheit schützt, als auch bei einer Infektion zur Heiligung beiträgt. Eine eindeutige Prognose über die weitere Entwicklung der Rohölpreise fällt aufgrund der Vielzahl von marktrelvanten Meldungen schwer. Sollte die Notierungen in den nächsten Tagen weiter steigen, gehen wir von nur noch geringen Preissteigerungen aus. (bs)

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