Ölpreise gaben erneut etwas nach | Aktuelle Ölmarkt-News vom 06.07.2018

um 08:40 Uhr von Stefan Schmellekamp

Ölpreise - Entwicklungen am Ölmarkt

Am Donnerstag sind die Ölpreise kurzfristig kräftig unter Druck geraten als das US-Energieministerium einen Anstieg der Öllagerbestände bekannt gab. Allerdings erholten sich die Ölpreise schnell wieder als klar wurde, dass der Aufbau der Rohöllager durch einen Rückgang der Benzinlager egalisiert wurde. Dennoch gaben die Ölnotierungen auf den heutigen Freitag etwas nach, weil Saudi-Arabien seine Preise für große Abnehmerregionen gesenkt hatte. Insgesamt ging die Nordsee-Ölsorte BRENT somit um 0,4 $/b zurück und notierte am Freitagmorgen bei 77,4 Dollar/ Barrel. Die US-Ölsorte WTI sank mit 0,7 $/b erneut stärker und wurde am Morgen bei 73,2 Dollar/Barrel gehandelt.

Aufgrund des Independence Day wurden die neuen Daten vom US-Ölmarkt in dieser Woche mit einem Tag Verspätung veröffentlicht. Gestern Nachmittag gab das US-Energieministerium bekannt, dass sich die gesamten Öllagerbestände der USA gut 775 Mio. Barrel weiterhin auf dem tiefsten Stand seit rund dreieinhalb Jahren befinden. Zwar waren die Rohöllager überraschend um 1,3 Mio. Fass gestiegen, dafür war bei den Ölprodukte-Lagern (Heizöl, Diesel und Benzin) jedoch ein Rückgang von 1,3 Mio. Barrel zu verzeichnen.

Neben den Öllagerdaten meldete das Ministerium zudem, dass US-Ölförderung erneut auf dem Rekordniveau von durchschnittlich 10,9 Millionen Barrel pro Tag verharrte. Laut dem Ölausrüster Baker Hughes waren die Ölbohraktivitäten zuletzt leicht zurückgegangen. Heute Abend werden hierzu neue Daten bekannt gegeben. Insgesamt schwächelt der US-Ölmarkt zurzeit etwas, was auch auf mangelnden Pipelinekapazitäten zurückzuführen ist. Unterdessen werden die US-Ölpreise durch Lieferausfälle auf einem kanadischen Ölfeld bei Fort McMurray gestützt. Mindestens bis zum Ende des Monats wird das Ölfeld stillgelegt bleiben, was den US-Ölmarkt zur Hauptreisezeit hart trifft.

Zum Wochenbeginn war WTI daher erstmals seit Ende 2014 wieder über die Marke von 75 Dollar kletterte, weshalb sich US-Präsident Trump via Twitter umgehend über die hohen Ölpreise beschwerte. Laut Trump sei die OPEC Schuld an steigenden Benzinpreisen in den USA und er erwarte von einigen Kartell-Mitgliedern eine Gegenleistung dafür, dass die USA diese Länder beschütze. Die Aufforderung von Trump war kurz und klar „Senkt die Preise jetzt!“.

Diesem Wunsch kam Saudi-Arabien gestern nach und senkte die eigenen Ölpreise für die USA um 10 Cent pro Barrel, für Asien um 20 Cent pro Barrel und für Europa um 45 Cent pro Barrel. Zuvor hatte der saudische König Salman zudem zugesichert, dass sein Land, als größter Ölförderer der OPEC, wenn nötig auf seine ständig vorhandene Reservekapazität von etwa zwei Millionen Barrel zurückgreifen wolle, um die Stabilität auf den Ölmärkten zu gewährleisten. Doch wie schnell und wie lange Saudi-Arabien mit einem solchen Schritt die Ölpreise stabilisieren könnte, bleibt fraglich. Analysten zweifeln sogar an, dass Saudi-Arabien zurzeit über eine so hohe Reservekapazität verfügt.

Marktentwicklung Ölpreise, Ölnotierungen

 

Anzapfen würde der OPEC-Leader seine Reservekapazität wohl auch nur im Falle eines Ölembargos gegen den Iran. Zuletzt hatte US-Präsident Trump gefordert, dass alle Länder den US-Sanktionen folgen und ihre Erdöleinfuhren aus dem Iran bis November dieses Jahres vollständigen einstellen sollen. Ein vollständiger Stopp der iranischen Ölexporte würde zu einem massiven Angebotsdefizit auf dem Weltölmarkt führen. Um bei einem harten Vorgehen gegen den Erzrivalen Iran das globale Ölangebot zu stützen würde dann wohl Saudi-Arabien in die Bresche springen.

Der Iran hat unterdessen Widerstand gegen ein mögliches Ölembargo angekündigt und damit  gedroht, dass man im äußersten Falle die Straße von Hormus schließen werde, eine Schifffahrtsstraße über die rund 30 Prozent des weltweit per Schiff transportiert Rohöls an seinen Bestimmungsort gebracht wird.

Am Weltölmarkt dominiert insgesamt eine knappe Angebotslage. Obwohl Saudi-Arabien seine Ölförderung im Juni spürbar angehoben hatte, blieb die Ölförderung der OPEC insgesamt unverändert, weil es im Juni zu ebenso starken Produktionsausfälle bei anderen Kartellmitgliedern gekommen ist. Im Krisenstaat Venezuela will sich China zwar mehr engagieren und Milliarden in die Ölförderung investieren, dennoch rechnen Analysten nicht damit, dass dies noch in diesem Jahr zu einem Anstieg der Ölförderung führt. Im Gegenteil wird zunächst ein Rückgang auf etwa eine Million Barrel erwartet, obwohl die Ölförderung des Landes vor einigen Jahren noch bei rund drei Millionen Fass gelegen hatte.

In Libyen, dem ölreichsten Land Afrikas, rechnen Analysten aktuell mit einem Angebotsrückgang zwischen 0,5 und 1,0 Mio. Barrel pro Tag. Begründet wird diese Annahme damit, dass Rebellen zwei wichtigen Ölexporthäfen erobert haben und von dort aus nun Öl auf dem Weltmarkt verkaufen wollen. Da die bisherigen Ölabnehmer in Europa jedoch Geschäfte mit den Rebellen ablehnen, sind die Ölexporthäfen stillgelegt. Insgesamt ist die zuletzt angekündigte Fördererhöhung der OPEC und Russlands, angesichts der zurzeit zu befürchtenden Förderrückgänge, schnell verpufft und die ohnehin schon angespannte Angebotslage auf dem Ölmarkt könnte zum Jahresende in eine deutliche Unterversorgung übergehen.

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