Ölpreise drehen trotz Einigung der Opec ins Minus | Aktuelle Ölmarkt-News vom 09.06.2020

um 11:12 Uhr von Benjamin Stelse

Ölpreise - Entwicklungen am Ölmarkt

Bereits zu Jahresbeginn war bei den Rohölpreisen der Übergang in einen Abwärtstrend ersichtlich, jedoch haben wohl nur die wenigsten Marktteilnehmer mit einer Entwicklung der Rohölpreise gerechnet, die selbst von Experten als „historisch“ zusammengefasst wird. Neben den bereits zuvor vorhandenen tendenziell preisdrückenden Effekten, die die Ölpreise nahezu konstant haben fallen lassen, hat die Corona-Krise und die daraus resultierenden wirtschaftlichen Folgen dafür gesorgt, dass die Notierungen innerhalb kürzester Zeit um mehr als 70 Prozent nachgaben.

Der nahezu ungebremste Verfall der Rohölpreise fand seinen „Höhepunkt“ dann Ende April, als der „Corona-Crash“ die Rohölpreise kollabieren lies und die Rohölpreise aufgrund massiver Verluste auf neue Langzeittiefs abrutschten. Trotz bereits zuvor einge- leiteten geldpolitischen Maßnahmen, scheiterten mehrere Erholungsversuche und erst Anfang Mai konnte am Ölmarkt von einer ersten Stabilisierung gesprochen werden. Im Wesentlichen ist der bis heute anhaltende Erholung auf die Einigung führender Förderländer auf eine Produktions-Drosselung von zehn Mio. Barrel pro Tag zurückzuführen.

Nachdem die im April beschlossene Produktions- kürzung seitens des Förderkartells Opec und ihren Kooperationspartnern, zu denen auch Russland gehört, Ende Juni ausgelaufen wäre, haben sich die Vertreter der beteiligten Förderländer am Samstag zur Absprache des weiteren Vorgehens zusammen- gefunden. Im Vorfeldes des (Online-) Meeting wurde bereits bekannt, dass von allen Seiten eine grundsätzliche Bereitschaft zur Verlängerung der Drosselung besteht, zwei Produzenten jedoch an alle anderen Länder Bedingungen stellen würden.

So haben Saudi-Arabien und Russland ihre Einwilligung auf eine Verlängerung der Drosselung über den Zeitraum von Ende Juni hinaus an die Bedingung geknüpft, dass sich alle beteiligten Länder an die vereinbarten Produktionskürzungen halten. Speziell der Irak lag hierbei im Fokus der beiden Ölgiganten. Die am Samstag vereinbarte Verlängerung der Fördermengenkürzung um weitere vier Wochen ist auch auf die Zusage des Irakes zurückzuführen, dass die im Mai geförderten Mehrmengen bis Ende Juli ausgeglichen werden sollen.

Bereits vor der Einigung am Samstag haben die zuletzt rückläufigen Angebotsmengen, sowie eine merklich anziehende globale Rohölnachfrage aufgrund von weltweit gelockerten Corona-Restriktionen zu einer Rückkehr in einen tendenziellen Aufwärtstrend bei den Rohölpreisen gesorgt. Infolge der Einigung auf eine Ausweitung der Produktions-Drosselung kam am gestrigen Montagmorgen zu einem Preissprung, der die Notierungen auf die höchsten Stände seit Anfang März hat steigen lassen.

So stieg der Preis der amerikanischen Sorte West Texas Intermediate (WTI) am Montag um 0,9 Dollar/Barrel (159 Liter) auf zwischenzeitlich 40,4 $/b. Bei der für Europa relevanten Ölsorte BRENT) fiel die Preissteigerung mit 1,1 Dollar/Barrel sogar noch deutlicher aus, sodass der Preis bei 43,3 $/b notierte. Die Nachhaltigkeit der Preissteigerung fiel jedoch nur äußerst übersichtlich aus, sodass die vorherigen Gewinne bereits am Nachmittag wieder vollständig abgegeben wurden und die Notierungen sogar in die Verlustzone drehten. Am heutigen Dienstag wurde die Abwärtsbewegung gestoppt und die Preise notieren wieder auf dem Niveau von Ende letzter Woche.

Die unerwartet deutliche Gegenbewegung bei beiden Rohölreisen zum gestrigen Wochenstart, beruhte auf gleich mehrere Faktoren. Neben den bei vergleichbaren Preissteigerungen fast schon marktüblichen Gewinnmitnahmen, hat gestern im Wesentlichen eine Meldung seitens Saudi-Arabiens für schlechte Stimmung am internationalen Ölmarkt gesorgt. Während Saudi-Arabien für die Monate Mai und Juni die eigene Drosselung freiwillig ausweitete, haben Vertreter des Königreiches gestern klargestellten, dass die freiwillige Förderkürzungen ab Juli nicht mehr fortgesetzt werden.

Auch wenn sich die Lage am Rohölmarkt im Vergleich zu den ersten vier Monaten des aktuellen Jahres seit Anfang Mai deutlich beruhigt hat und die Vorgaben des Marktes zuletzt für nahezu konstant steigende Rohölpreise sorgten, kann weiterhin nicht von einer Rückkehr zu gewohnten Marktmechanismen gesprochen werden. Die Verlängerung der Förder- mengenkürzung wird voraussichtlich kurzfristig zu einer weiteren Stabilisierung der Notierungen führen, jedoch wird am Beispiel des gestrigen „Turn-Around“ der Preise recht deutlich, dass die Nachhaltigkeit preisdrückenden, aber auch preistreibenden Meldungen aktuell eher übersichtlich ist.

Zurück