Ölpreisanstieg nimmt Fahrt auf | Aktuelle Ölmarkt-News vom 09.04.2019

um 08:16 Uhr von Stefan Schmellekamp

Ölpreise - Entwicklungen am Ölmarkt

Die Ölpreise sind am Montag kräftig gestiegen und haben auch am Dienstagmorgen weiter zugelegt. Damit hat die jüngste Aufwärtsbewegung der Ölpreise zum Start dieser Woche deutlich an Fahrt aufgenommen und die beiden Rohöl-Leitsorten kletterten jeweils auf neue fünfmonatige Höchststände. Die Nordsee-Ölsorte BRENT legte zum Wochenstart um 1,9 $/b zu und wurde somit am Dienstagmorgen bei 71 Dollar/Barrel gehandelt. Die US-Ölsorte WTI zog sogar um noch deutlichere 2,4 $/b an und notierte am Dienstagmorgen bei 64,4 Dollar/Barrel. OPEC-Rohöl kostete zum Wochenbeginn gut 70 Dollar/Barrel.

Nachdem am Ölmarkt bereits in der Vorwoche die Angebotsseite stärker in den Fokus der Händler geraten war, verschärfte sich die Lage in den vergangenen Tagen spürbar, nachdem einige, politisch bedingte Angebotsrisiken hinzukamen. Im Mittelpunkt standen dabei vor allem die militärischen Aktionen im Bürgerkriegsland Libyen. Dort hat der einflussreiche General Haftar eine militärische Offensive auf die international anerkannte Regierung des OPEC-Mitgliedes Libyen gestartet.

Zwar ist die Ölförderung Libyens bisher nicht beeinträchtigt, doch das afrikanische Land, dass pro Monat etwa eine Millionen Barrel Rohöl auf den Weltmarkt bringt, spielt vor allem für die Ölversorgung in Europa eine entscheidende Rolle. Und die Europäer stehen auf der Seite der anerkannten Regierung und könnten im Falle einer militärischen Machtübernahme Sanktionen für den libyschen Ölsektor verhängen. Ein Einlenken von General Haftar ist nach ersten Gesprächen nicht zu erwarten, so dass sich die Krise in dem ölreichen Land zu verschärfen droht und dem Ölmarkt bald eine schlechtere Versorgungslage bevorstehen könnte.

Neben Libyen, haben sich zuletzt auch die politischen Spannungen zwischen den USA und dem OPEC-Mitglied Iran verstärkt, nachdem die US-Regierung die iranischen Revolutionsgarden als Terrororganisation eingestuft hat. Dieser Schritt ermöglicht es den USA weitergehende Sanktionen gegen den Iran auszusprechen, die auch im Iran einen erneuten Rückgang der Ölexporte nach sich ziehen könnten. Darüber hinaus scheint aktuell auch keine Lösung in der anhaltenden politischen und wirtschaftlichen Krise in Venezuela, dem vermeintlich ölreichsten Landes der Erde, gefunden werden zu können.

 

 

Diese nicht geplanten Ausfälle in der globalen Ölversorgung könnten in Kombination mit der mindestens noch bis Juni laufenden Förderkürzung des neu formierten Ölkartells „OPEC+“, welches aus den Mitgliedern der OPEC und weiteren Ölförderländern wie Russland besteht, bald schon zu einer Unterversorgung des Weltölmarktes führen. Dies lässt die Ölpreise zurzeit steigen und sollte sich OPEC-Leader Saudi-Arabien, gegen die Kritik von US-Präsident Trump an der OPEC-Förderpolitik, mit seinem Wunsch nach einer Verlängerung der aktuellen Förderkürzung durchsetzen, so muss in der zweiten Jahreshälfte mit weiter steigenden Ölpreisen gerechnet werden.

Insgesamt werden die Ölpreise daher aktuell durch die zahlreichen Angebotsrisiken dominiert, die auf einen Rohölmarkt treffen, der auch jetzt schon recht knapp versorgt ist. Zwar waren vom viel beachteten US-Ölmarkt in der Vorwoche auch preisbelastende Impulse gekommen, doch auch das neue Rekordhoch bei der US-Ölförderung und die Stabilisierung der US-Öllagerbestände, stellen am Ölmarkt derzeit kein Gegengewicht zur bullischen Stimmung dar. Denn neben der knapper werdenden Angebotslage werden die Ölpreise auch durch eine insgesamt bessere Stimmung an den Börsen gestützt, die vor allem auf der Hoffnung beruht, dass der Handelsstreit zwischen den USA und China bald ein Ende findet.

Zuletzt hatte die "Financial Times" berichtet, dass die beiden größten Volkswirtschaften der Welt die meisten strittigen Punkte geklärt hätten und auch US-Präsident Trump sagte bei einem Treffen mit dem chinesischen Vizeministerpräsidenten Liu He im Weißen Haus, dass man kurz davor stehe, einen Deal zu machen. Chinas Präsident Xi Jinping äußerte sich ebenfalls positiv über die Fortschritte bei den Handelsgesprächen.

Die mit dem Ende des Handelskonfliktes einhergehenden, besseren Aussichten für die Weltwirtschaft lassen somit auch einen Anstieg der globalen Ölnachfrage erwarten. Aktuell gehen OPEC und Internationalen Energieagentur (IEA) davon aus, dass die Ölnachfrage spätestens in der zweiten Jahreshälfte die Marke von 100 Mio. Barrel pro Tag übersteigen wird. Erst recht wenn der OPEC+ Verbund seine derzeitige Förderkürzung bis in die zweite Jahreshälfte hinein verlängert, wird sich am Weltölmarkt in der zweiten Jahreshälfte ein spürbares Angebotsdefizit ergeben. Daher haben zuletzt auch viele Banken, Institute und Institutionen ihre Ölpreise-Prognosen für dieses Jahr nach oben korrigiert.

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