Ölpreise bewegen sich kaum | Aktuelle Ölmarkt-News vom 24.07.2020

um 12:04 Uhr von Benjamin Stelse

Ölpreise - Entwicklungen am Ölmarkt

Nach den zuletzt wieder zunehmenden Preisschwankungen und dem zwischenzeitlichen Erreichen neuer viermonatiger Höchststände, konnten die Preise der beiden Rohölsorten die Werte nicht halten und haben bereits im späten Handel des gestrigen Donnerstages einen Teil der vorherigen Gewinne wieder abgegeben. Zum Start in den heutigen Handelstag zeigten sich die Rohölpreise hingegen wieder stabil und bewegen sich kaum von der Stelle. Am Morgen notierte die für Europa relevante Rohölsorte BRENT bei 43,4 $/b und die amerikanische Sorte West Texas Intermediate (WTI) bei 41,1 $/b. Beide Rohölsorten sind somit seit gestern um rund 0,1 Dollar/Barrel gestiegen, wobei bereits jetzt am Ölmarkt abzulesen ist, dass die Preissteigerungen im Vormittagshandel weiter ausgebaut werden könnten.

Während sich die Notierungen in den Monaten Mai und Juni in einem nahezu ungebremsten Aufwärtstrend befanden, ist seit Anfang Juli der Übergang in eine Seitwärtsbewegung mit nur noch leicht steigenden Preisen ersichtlich. Somit muss die jüngste Erholung weiterhin als fragil bezeichnet werden. Nachdem in diesem Zeitraum eine Vielzahl von preisstabilisierenden Meldungen zu der konti-nuierlichen Fortsetzung der Erholungstour beigetragen haben, nahmen zuletzt wieder preisdrückenden Nachrichten, die auch als „bearish“ bezeichnet werden, deutlich zu. Auffällig war zuletzt jedoch auch, dass eine Reaktion der Öl- und Aktienmärkte ausblieb.

In der zurückliegenden Woche haben die preis- drückenden Nachrichten merklich zugenommen. Aufgrund der aktuellen Häufung der Meldungen ist es überraschend, dass die Impulse nicht im erwarteten Umfang zu sinkenden Rohölpreisen geführt haben und das Aufwärtsstreben der Rohölpreise sogar noch weiter fortgesetzt werden konnte. Die anhaltende Aufwärtsbewegung der Notierungen in der zurück- liegenden Woche lässt sich nicht auf einen bestimmten Impulsgeber beziehen. Auftrieb verlieh zuletzt unter anderem sowohl die gesteigerte Zuversicht an den internationalen Finanzmärkten, als auch der schwächelnde US-Dollar, der Rohöl für Anleger außerhalb des Dollarraums erschwinglicher macht.

Ein preisdrückender Effekt ist in der wieder zunehmenden politischen Spannung zwischen den Wirtschaftsmächten China und USA zu finden. Nachdem die USA gestern die Schließung des chinesischen Konsulats in der Stadt Houston anordnete, folgte mit der Schließung des US-Konsulats in der südwestchinesischen Stadt Chengdu die bereits zu erwartende Antwort der chinesischen Regierung. Seitens des chinesischen Außenministeriums wurde der Entzug der Lizenz zum Betrieb einer Auslandsvertretung als notwendige Reaktion auf die Maßnahme der USA beschrieben. Auch wenn wirtschaftliche Auswirkungen aktuell noch nicht zu befürchten sind, so könnte eine weitere Verschärfung des Konfliktes einen unmittelbaren Einfluss auf den internationalen Ölmarkt haben.

Entwicklung Ölpreise, Rohölpreise, Ölnotierungen

Weiterhin könnte eine Mischung aus Nachfrage- und Angebotssorgen einen entscheidenden Einfluss auf die kurzfristige Entwicklung der Rohölpreise nehmen. Auf der Nachfrageseite ist hierbei vor allem die angespannte Corona-Lage in den USA und anderen wichtigen Volkswirtschaften zu nennen. Seit Beginn der Pandemie sind alleine in den USA mehr als vier Millionen Infektionen nachgewiesen worden. Wie dramatisch die Lage in den Vereinigten Staaten ist, zeigt sich auch an den aktuellen Zahlen. In den letzten zwei Wochen wurden täglich mindestens 60.000 Neuinfektionen bestätigt. Sollte der sich abzeichnende Trend nicht gestoppt werden können, lassen sich Auswirkungen auf die national Wirtschaft und somit auch auf die Rohölnachfrage kaum vermeiden.

Aber auch die Einflussnahme auf der Angebotsseite ist aktuell nicht zu vernachlässigen. Nachdem die Ankündigung der zukünftigen Mengenpolitik seitens der Opec letzte Wochen noch kaum Einfluss hatte, könnte die Entscheidung des Kartells mit leichter Verzögerung am Markt ankommen. Auch wenn der Opec+ Verbund seine Fördermengen weiterhin deckeln wird und nach wie vor weit von der ursprünglichen produktion entfernt bleibt, so ist bereits jetzt ablesbar, dass zuletzt immer mehr Marktteilnehmer die für Anfang August beschlossene Fördermengener- höhung als zu früh ansehen. Anfang Mai haben sich die Verbundsmitglieder auf eine Anpassung der Förderpolitik verständigt, um den damaligen Preis- verfall der Rohölpreise zu stoppen.

Nach den letzte Woche noch unerwartet deutlich gesunkenen US-Ölbeständen, zeigten die am Mittwoch veröffentlichten Zahlen eine kräftige Gegenbewegung mit wieder steigenden Werten. Nach dem Minus von 7,5 Mio. Barrel in der letzten Woche, folgte zuletzt beim Produkt Rohöl eine Mengensteigerung von kräftigen 4,9 Millionen Barrel. Auch wenn somit die vorherige Minderung weiterhin überwiegt, so kommt aktuell eine gleichzeitig zurückgehende Rohölnachfrage in den USA erschwerend hinzu. Als dritter und nicht zu vernachlässigenden Punkt ist die jüngste Zunahme der Fracking-Aktivitäten zu sehen, die kurzfristig zu weiteren Mengensteigerungen führen sollten.

Angesichts der Zunahme von marktrelevanten Nachrichten und allen voran die sich wieder zuspitzende Corona-Situation in den USA, wird aktuell befürchtet, dass die Auftrieb verleihenden Impulse bald nicht mehr ausreichen werden, um den Markt mittelfristig zu stabilisieren. Eine kurzfristige Gegenbewegung mit wieder deutlich sinkenden Rohölpreisen kann aufgrund der aktuellen Marktlage nicht mehr ausgeschlossen werden. Anhand dessen wird nochmals deutlich, aus welchem Grund wir in der jüngeren Vergangenheit die Ruhe am Ölmarkt als „trügerisch“ eingeschätzt haben.

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